Wäre die 5G-Technologie ein Kind, wäre es ein unerwünschtes – für die Gegner. Oder ein hochbegabtes – für die Befürworter. Vorhanden schon heute im ganzen Land, den Geschwindigkeitsvergleich mit Glasfaser nicht scheuend.
In Wirklichkeit ist 5G wohl eher ein Teenager, der oft Ärger verursacht, aber viel Potenzial hat.
Um herauszufinden, was Sache ist, haben wir uns auf die Spuren nach dem neuen Handynetz gemacht. Auf einer Fahrt von Bern nach Zürich mit Abstecher ins Emmental schauten wir immer wieder spontan, ob die beiden Test-Handys 5G empfangen und wenn ja, wie schnell die Datenübertragung ist.
Erste Erkenntnis: 5G läuft bereits an erstaunlich vielen Orten. Nicht primär wie zu erwarten wäre in den Städten oder Agglomerationen, sondern oft an abgelegenen Orten. Das unterscheidet den 5G-Ausbau von seinen Vorgänger-Netzen (3G und 4G), die in der Regel zuerst in den Ballungszentren und erst dann «auf dem Land» gebaut wurden.
Diese umgekehrte Vorgehensweise ist aus einer gewissen Not heraus geboren: In Städten sind schon so viele Antennen in Betrieb, dass die Anbieter wenig Flexibilität haben, ein neues Handynetz aufzubauen, das die Strahlungs-Grenzwerte einhält, ohne bestehende Antennen abzuschalten. In weniger besiedelten Regionen ist dies einfacher.
Zweite Erkenntnis: 5G kann gigantisch schnell sein, muss aber nicht. Die Varianz ist gross. Auf der Terrasse vor der Universität Bern zeigte der Speedtest über 600MBit/s an, eine Geschwindigkeit, die dem Begriff «Glasfaser aus der Luft» gerecht wird.
An anderen Orten hingegen, etwa an einer Raststätte der A1, lag die Geschwindigkeit manchmal bei nur knapp 20MBit/s, also unter jener, die über 4G angezeigt wurde.
Die Datenbadewanne immer füllen können
4G ist derzeit also oft besser als 5G, der grosse Tempobolzer wie ihn die Anbieter gerne anpreisen – noch.
Wenn man 5G vergleicht mit einer anderen Infrastruktur, der Wasserversorgung, dann geht es nicht darum, dass jeder seine Badewanne in fünf Sekunden füllen kann, sondern dass das jeder immer und mit möglichst gleichbleibender Qualität tun kann.
Genau so verhält es sich bei 5G. Die Geschwindigkeit ist zweitrangig, die Technologie soll in erster Linie mehr Kapazität bringen in einem Handynetz, das immer mehr unter der sich vervielfachenden Datenlast ächzt. Ohne Ausbau könnte es sein, dass unser Netz in wenigen Jahren nicht mehr denselben Geschwindigkeits- und Leistungs-Standard bieten kann, wie wir es heute gewohnt sind.
Soll ich mir schon jetzt ein 5G-Handy kaufen?
Nein. Erst eine handvoll Hersteller bieten 5G-Modelle an. Sie sind teuer und werden technologisch schon bald überholt sein. Es wird keine fünf Jahre mehr dauern, bis fast jedes – auch günstige – Smartphone 5G beherrscht, so dass das nächste neue Gerät mit grosser Wahrscheinlichkeit sowieso automatisch ein 5G-Modell sein wird.
Wie geht es weiter?
Derzeit ist die Schweiz bei 5G weltweit führend. Es gibt kein anderes Land, das schon ein fast flächendeckendes Netz hat. Ob der Vorsprung bleiben wird, wird das neue Jahr zeigen. Mehrere Initiativen sind am Start, die den weiteren Ausbau verhindern oder bremsen wollen.
Der weitere Ausbau wird also davon abhängen, ob die Initiativen zustande kommen, wie allfällige Abstimmungen verlaufen und wie sich der Bericht «Mobilfunk und Strahlung» auf die politischen Rahmenbedingungen auswirken wird.