- Die österreichisch-amerikanische Literatin Ruth Klüger ist tot.
- Sie starb nach langer Krankheit im Alter von 88 Jahren, teilte der Zsolnay Verlag mit.
- Sie war Holocaust-Überlebende und schrieb mehrere Werke über ihr Schicksal und den Nationalsozialismus.
1931 wurde Klüger in Wien als Tochter eines jüdischen Gynäkologen geboren. 1942 wurde sie mit ihrer Mutter von Nazis deportiert: Zunächst ins KZ Theresienstadt, nach Auschwitz-Birkenau und schliesslich nach Christianstadt.
Nach eigener Aussage hat sie die Zeit in Gefangenschaft auch durch ihre Liebe zur Lyrik überlebt: «Fressen unsere Leichen Raben? / Müssen wir vernichtet sein? / Sag, wo werd ich einst begraben? / Herr, ich will nur Freiheit haben / und der Heimat Sonnenschein.»
Von der Holocaust-Überlebenden zur Literatin
Klüger und ihre Mutter konnten flüchten. Sie emigrierte in die USA, studierte Bibliothekswissenschaften und Germanistik, wurde Hochschullehrerin und Literaturkritikerin.
Ein lebensgefährlicher Autounfall bedeutete der Start ihrer Karriere als Literatin. Sie schrieb 1992 die Autobiografie «Weiter leben – Eine Jugend». Das Buch hatte Erfolg, wurde in zehn Sprachen übersetzt. Im Buch behandelt Klüger präzise und unsentimental die Schrecken des Nationalsozialismus und ihren persönlichen Überlebenswillen in den Lagern.
Für ihre Werke erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. Darunter gehören der Österreichische Staatspreis für Literaturkritik (1997), die Ehrendoktorwürde der Universität Göttingen (2003), der Roswitha-Preis (2006) und der Theodor-Kramer-Preis (2011).
Wortgewaltige Mahnerin
Im Deutschen Bundestag verneigte sich Ruth Klüger als Festrednerin 2016 vor der damals herrschenden Willkommenskultur den Flüchtenden gegenüber: «Dieses Land, das vor 80 Jahren für die schlimmsten Verbrechen des Jahrhunderts verantwortlich war, hat heute den Beifall der Welt gewonnen dank seiner geöffneten Grenzen und der Grosszügigkeit, mit der Sie syrische und andere Flüchtlinge aufgenommen haben und noch aufnehmen.» Anlass für diese Rede war der 71. Jahrestag der Befreiung der KS Auschwitz-Birkenau.
Was sie in ihrem Leben erfahren hat, wie sie mit diesen Erfahrungen umgegangen ist und was sie daraus gemacht hat, das ist ausserordentlich.
Sie war eine wortgewaltige Mahnerin, Autorin und Lyrikerin. An die Öffentlichkeit trat sie jedoch erst spät. Es sei ausserordentlich, was sie in ihrem Leben erfahren habe, wie sie mit diesen Erfahrungen umgegangen sei und was sie daraus gemacht habe, sagte der Zsolnay-Verlagsleiter Herbert Ohrlinger.