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George Soros – Feindbild der Rechten
Aus SRF 4 News aktuell vom 26.10.2018. Bild: Reuters
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Zielscheibe George Soros «Er ist in Widersprüchen gefangen»

Der gebürtige Ungare George Soros erlebte das Nazi-Regime. Er studierte in England Philosophie, wurde Banker, Hedgefonds-Manager und später einer der reichsten Männer der Welt. Er spendet Millionen für wohltätige Zwecke – und ist der «bestgehasste Mann der Welt».

Soros war der erste, der in den vergangenen Tagen eine Paketbombe erhielt. Es folgten Ranghöchste der Demokraten: Obama, die Clintons, Ex-Vizepräsident Biden. Soros-Kennerin Heike Buchter über den milliardenschweren Menschenfreund und seine unüberbrückbaren Gegensätzlichkeiten.

Heike Buchter

Wirtschaftsjournalistin

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Heike Buchter ist freie Börsenjournalistin und verfolgt George Soros' Karriere seit Jahren von New York aus. 2015 hat sie ein Buch über den umstrittenen Vermögensverwalter BlackRock geschrieben.

SRF News: Ist es für Sie erstaunlich, dass George Soros eine Paketbombe erhielt?

Heike Buchter: Soros war und ist einer der ganz grossen Unterstützer der Demokraten. Er unterstützt sie mit Millionen im Wahlkampf, er unterstützt Anliegen, er fährt Kampagnen, die politisch nahe an den Demokraten dran sind und ist dadurch auch zum Ziel der Rechten und extremen Rechten hier im Land geworden.

Sie haben einmal geschrieben, George Soros sei der bestgehasste Mann der Welt. Was meinen Sie damit?

Was über Soros gesagt wird, was ihm unterstellt wird, nimmt Dimensionen an, die ihn mehr oder minder auf der Ebene eines James-Bond-Bösewichts erscheinen lassen. Und ich denke, dass man sich schwertun würde, jemanden zu finden, der eine vergleichbare emotionale Reaktion hervorrufen würde.

Soros ist besonders in rechtsnationalen Kreisen Ziel von Hass; sowohl in seiner alten Heimat Ungarn wie auch in seiner Wahlheimat USA. Warum?

Er steht für viele Dinge, die von diesen Kreisen vehement abgelehnt werden. Er ist ein globaler Mensch; jemand, der für Internationalität steht und eine sehr deutliche Abneigung gegen Nationalismus hat. Soros steht für Offenheit und für offene Grenzen, was sehr umstritten ist in Europa und in anderen Teilen der Welt. Und das ist die Philosophie, die er vorantreibt – mit seinen Projekten, seinen Kampagnen, seinen Denkfabriken, die er überall in der Welt gestartet hat.

George Soros
Legende: 1997: George Soros ist der reichste Mensch der Welt. Keystone

Aber andere Milliardäre machen ja auch Politik. Bill Gates wird auch mal kritisiert, aber so offen gehasst wird er nicht. Was unterscheidet Soros denn von einem Bill Gates?

Wir leben im Zeitalter der Milliardäre und ihrer Steckenpferde. Gates, Zuckerberg, Bloomberg: Die werden alle kritisiert. Aber warum bei Soros diese Emotionalität und auch diese umfassende Ablehnung seiner Person hervorgerufen wird? Wahrscheinlich, weil sein Ansatz grundsätzlich fundamentaler ist.

George Soros will an einem System rütteln und die Gesellschaft in eine Richtung verändern.

Gates will Malaria kurieren. Das ist relativ unstrittig. Das sind Verbesserungen des Systems, die er und andere durch ihre Spenden bewirken wollen. Sie wollen nicht an einem System rütteln, sie wollen die Gesellschaft nicht in eine ganz bestimmte Richtung verändern. Und das ist bei George Soros durchaus so.

Soros gehört als Banker zu dieser kapitalistischen Finanzwelt und hängt gleichzeitig einer Philosophie an, die die Welt verbessern will. Das ist auch wahnsinnig widersprüchlich, oder?

Es ist sein Schicksal. Als er als junger Mann an die Wallstreet kam, wollte er gar nicht Spekulant werden. Sein Ziel war, möglichst schnell Geld zu verdienen und sich damit einem Gelehrtendasein zu widmen. Wie er selber sagte: Er wollte einfach mal 100'000 Dollar verdienen und hat es masslos übertrieben. Heute ist er einer der reichsten Menschen der Welt.

Die populistischen Tendenzen sind letztendlich auch ein Resultat der Finanzkrise.

Gleichzeitig hängt er immer noch diesem Ziel nach, durch Denken etwas zu bewegen. Und das widerspricht sich manchmal in dem, was er an den Märkten angerichtet hat. Leute wie er haben letztlich für die Finanzkrise gesorgt. Die populistischen Tendenzen, die wir heute sehen, sind auch ein Resultat der Aktionen am Finanzmarkt. Er ist in Widersprüchen gefangen. Das, was er will und das, was er tut, steht manchmal nicht auf dem gleichen Blatt.

Soros und vier weitere Hedge-Fond-Direktoren
Legende: Soros gehört zu den Gewinnern der grossen Finanzkrise: Hier mit anderen Hedgefonds-Managern bei einem Hearing im Kapitol 2008. Reuters

Inwieweit schwingt bei der Kritik an der Person Soros auch ein gewisses Misstrauen gegenüber den Reichen, der Elite mit?

Die Frage ist durchaus gerechtfertigt, inwiefern Leute, die sich eine Kampagne für bestimmte politische Ziele aus ihrer Westentasche leisten können, den politischen Prozess unterminieren. Soros hat dieses Misstrauen auf eine gewisse Weise ja selber. Er hat den Ansatz, dass man praktisch nur mit Geld die Leute dazu bringen kann, eine offene Gesellschaft aufzubauen. Und das ist an sich ein Widerspruch: Er rettet die Demokratie mit undemokratischen Mitteln.

Also machen Soros die Widersprüche zur Hassfigur?

Das Grundproblem für ihn wird sein, dass er verzweifelt versucht, mit viel Geld etwas auf die Beine zu stellen, das letztendlich aus der Bevölkerung selbst kommen müsste. Diesen Widerspruch kann er einfach nicht überbrücken.

Soros versucht verzweifelt, mit viel Geld etwas auf die Beine zu stellen, das aus der Bevölkerung selbst kommen müsste.

Auf der anderen Seite stehen Entwicklungen, die eben gerade auch durch sein Wirken an der Wallstreet verstärkt wurden. Die soziale Ungleichheit wächst und wächst. Die Globalisierung, der Rückschlag gegen das Verlagern von Arbeitsplätzen in billigere Länder – solche Sachen hat er mit ausgelöst. In ihm finden sich alle diese Tendenzen, die sich einerseits widersprechen und andererseits potenzieren.

In seinem Herkunftsland Ungarn wird stark mit antisemitischen Klischees gegen Soros politisiert. Ist das in seiner neuen Heimat auch der Fall?

Es wird nicht so offen ausgesprochen, wie es in bestimmten Staaten in den ehemaligen Ostblockländern ist. Das kann man sich hier wahrscheinlich auch nicht leisten. Es gibt nur ganz extreme Beispiele wie den Verschwörungstheoretiker Alex Jones, der auch wegen anderer Geschichten schwer in die Kritik geraten ist.

Aber es schwingt mit. Es gab den Dokumentarfilm von einem rechten Moderator mit dem Titel «Der Puppenspieler», und das sind solche Bilder, derer sich auch die Nazis bedient haben. Das ist das, was man hier eine Hundepfeife nennt: Die, die wissen, um was es geht, hören es.

Das Gespräch führte Teresa Delgado.

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