In den sozialen Medien erscheinen aktuell Werbeclips des Milchproduzenten-Verbands. Darin rühmt sich Swissmilk, dass Schweizer Milchkühe zu 100 Prozent ohne Palmöl gefüttert würden. Stellt sich die Frage: Ist das tatsächlich ein Thema? Kühe fressen Gras, Heu und etwas Kraftfutter. Loben sich also die Milchproduzenten für etwas, das in der Realität gar kein Problem ist?
Früher war tatsächlich Palmfett im Tierfutter
So absurd, wie es scheint, ist dies gar nicht. Im Kraftfutter für Milchkühe ist tatsächlich Fett enthalten, sagt Reto Burkhardt, der Kommunikationsverantwortliche von Swissmilk: «Früher hat man aus wirtschaftlichen Überlegungen einfach das billigste Fett genommen, das zur Verfügung stand. Und das war Palmfett oder Palmöl.» Seit 2019 habe es in der Schweiz aber kein Palmöl mehr im Milchvieh-Futter.
Es war die «Rundschau» von SRF, welche 2017 aufdeckte, dass Kraftfutter für Kühe Palmöl enthielt. Der Präsident des Bauernverbandes, Markus Ritter, sagte damals in der Sendung: «Das muss aufhören.» Die Bauern hätten dies nicht gewusst, da das Palmöl auf den Futtersäcken nur als «pflanzliche Fette und Öle» deklariert worden sei. In der Folge hat der Bauernverband in seinen Qualitätsrichtlinien Palmöl im Tierfutter verboten.
Man könnte also sagen: Dieses Thema ist kalter Kaffee. Weshalb wirbt Swissmilk fast vier Jahre nach dem Verbot noch damit, dass das Futter der Milchkühe palmölfrei sei? Das sei Teil einer Nachhaltigkeitskampagne, die seit 2018 laufe, sagt Reto Burkhardt. Diese umfasse Massnahmen, um die Milchproduktion nachhaltiger zu machen.
Auch wenn Palmöl schon lange eliminiert ist, wissen das ganz viele Leute in der Schweiz nicht.
Swissmilk habe dabei festgestellt, dass dazu viel falsches Wissen im Umlauf sei: «Das heisst, auch wenn Palmöl schon lange eliminiert ist, wissen das ganz viele Leute in der Schweiz nicht. Und wir werden damit konfrontiert.» Deshalb nehme die Kampagne auch ältere Themen auf.
Milchersatzprodukte immer beliebter
Gerade unter Jungen und in städtischen Gebieten hat Kuhmilch vermehrt ein schlechtes Image. Weil sie ein tierisches Produkt ist und wegen der Klimabelastung durch die Nutztierhaltung. Auch Umweltschutz-Organisationen kritisieren dies und raten, weniger Milchprodukte zu konsumieren. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV hat vor wenigen Tagen informiert, dass Milchersatzprodukte immer beliebter würden.
Swissmilk hat diese Entwicklung und Kritik im Auge. Man wolle gerade auch jungen und städtischen Leuten zeigen, dass man Schweizer Milchprodukte mit gutem Gewissen konsumieren könne, sagt Burkhardt.
Und er hält fest, dass der Absatz von Milchprodukten trotz neuer Trends seit Jahren stabil sei. Wenn also weniger Milch getrunken werde, würden dafür andere Milchprodukte vermehrt konsumiert.
Futtermittel werden kontrolliert
Zurück zur Werbung mit dem 100 Prozent palmölfreien Kuhfutter. Kann Swissmilk dies garantieren oder kontrollieren? «Wir können mit gutem Gewissen zu dieser Aussage stehen», sagt Reto Burkhardt. Die Deklaration der Futtermittel werde staatlich kontrolliert und allenfalls sanktioniert. Zusätzliche Kontrollen gebe es für Bauernhöfe, die sich zur Einhaltung bestimmter Produktionsstandards verpflichten. Verstösse gegen das Palmölverbot gebe es dabei praktisch keine.