Eine Art Milch, doch weit und breit keine Kuh: Das Geschäft mit pflanzlichen Milchalternativen boomt. Gehört die Sojamilch für viele laktoseintolerante und vegan lebende Menschen schon seit Jahrzehnten zum fest etablierten Bestandteil des Speiseplans, hat der Aufstieg der Hafermilch in die Kaffeetassen und Müslischalen erst 2016 so richtig begonnen.
Der schwedische Produzent Oatly hat den Milchersatz aus Hafer weltweit populär gemacht. Die Supermärkte liess er vorerst aussen vor. Stattdessen brachte er seine Produkte direkt in die trendigen Coffeeshops von London und New York – und traf damit den Nerv der Zeit. Die Nachfrage explodierte. Dem globalen Hafermilchmarkt prognostizieren Marktbeobachter bis 2026 eine Grösse von über zwei Milliarden US-Dollar – mit zweistelligen Wachstumsraten.
Umweltbewusste Konsumenten
Zwar weisen Milchalternativen aus Soja oder Mandeln weltweit noch einen grösseren Marktanteil aus als haferbasierte Produkte. Doch der Anbau von Soja ist sehr flächenintensiv. Jener von Mandeln benötigt grosse Mengen Wasser. Weder Soja noch Mandeln wachsen bei uns in der Schweiz in den vom Konsumenten nachgefragten Mengen und müssen deshalb grösstenteils importiert werden. Für die meist umweltbewussten Konsumentinnen und Konsumenten veganer Produkte ein zunehmendes No-Go.
Viele vegane Produkte werden aktuell importiert.
Auch der grösste Schweizer Milchverarbeiter Emmi ist sich dieser Problematik bewusst. Seit Kurzem ergänzt Emmi sein konventionelles Milchsortiment mit einer eigenen pflanzlichen Produktlinie. Im Falle der Hafermilch kommt der Rohstoff dafür ausschliesslich aus dem Inland: «Viele vegane Produkte werden aktuell importiert», sagt CEO Urs Riedener. Emmi sehe es als seine Pflicht, stattdessen lokal produzierte Rohstoffe zu verwenden.
Der Erfolg gibt Riedener recht: Die neuen Produktlinien haben im ersten Halbjahr 2021 mehr als zehn Prozent an Umsatz zugelegt. Allerdings liegt der Umsatzanteil pflanzlichen Produkte, gemessen am Gesamtergebnis, aktuell noch im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Kampfansage an die konventionelle Milchindustrie?
Viele Schweizer Bauern registrieren die Entwicklung hin zu Milchalternativen mit einer gewissen Besorgnis. «Für die Bauern ist das gewöhnungsbedürftig», sagt Bauernpräsident Markus Ritter. Aber es sei wichtig einzusehen, dass es sehr viele verschiedene Konsumentenbedürfnisse gebe und diesen auch Rechnung getragen werde.
Für die Bauern ist das gewöhnungsbedürftig.
Fast schon eine Kampfansage an die Milchindustrie ist der CO2-Fussabdruck, den die Haferalternative aufweist. So gibt beispielsweise der schwedische Produzent Oatly für die Herstellung eines Kilogramms seines Haferdrinks eine CO2-Emission von 0.29 Kilogramm an. Kuhmilch hingegen hat laut verschiedenen Quellen einen Fussabdruck von mindestens 0.9 Kilogramm CO2 und schneidet somit in der Klimabilanz rund dreimal schlechter ab.
Ob es der Hafermilch und ihren pflanzlichen Mitstreitern tatsächlich gelingt, die Kuhmilch weitgehend aus den Kühlschränken der Konsumentinnen und Konsumenten zu verdrängen, ist zumindest fraglich. Der Trend zur «Nicht-Milch» scheint aber hierzulande bei den milchverarbeitenden Grosskonzernen und bei den Bauern zumindest Eindruck hinterlassen zu haben.