- Die parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) wirft Amsler vor, er habe den Verantwortlichen der Schulzahnklinik zu wenig auf die Finger geschaut.
- Schulzahnärzte haben sich dort während Jahren selber Kunden zugewiesen und sich so bevorteilt.
- Christian Amsler weist Vorwürfe zurück und betont, dass er eine interne Untersuchung eingeleitet habe.
Der Bericht der ersten parlamentarischen Untersuchungskommission in der Geschichte des Kantons Schaffhausen wirft kein gutes Licht auf den Erziehungsdirektor Christian Amsler (FDP) – und dies just einige Wochen vor den Gesamterneuerungswahlen im August. Der Bericht, der am Dienstagvormittag den Medien präsentiert wurde, zeigt, dass Amsler die Tätigkeiten der krisengeschüttelten Schulzahnklinik zu wenig genau kontrolliert hatte. Schulzahnärzte haben sich dort während Jahren selber Kunden zugewiesen und sich so bevorteilt.
Aufsicht hat gefehlt
Die PUK wirft dem direkten Vorgesetzten, Erziehungsdirektor Christian Amsler, vor, er habe die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben nicht genügend kontrolliert. Gemeint sind unrechtmässige Patientenwechsel in Privatkliniken, sowie die grosszügige Handhabung von Arbeitszeiten. Ausserdem habe Amsler keine fachliche Aufsicht installiert. Die fehlende Kontrolle habe die Abwerbung von Patienten in die Privatpraxen begünstigt, heisst es im Bericht weiter.
Auch habe Christian Amsler die Dimension der Interessenkonflikte unterschätzt. Die Frage der Abwerbungen habe er aber ausser Acht gelassen, obwohl er sowohl von einzelnen Zahnärzten als auch von der damaligen Regierungspräsidentin Rosmarie Widmer Gysel aufgefordert worden war, sich der Problematik anzunehmen. Es sei der Eindruck aufgekommen, dass Amsler den Zahnärzten und Klinikleitern mehr Glauben schenkte als den Eltern, Mitarbeitern und Patienten. Erst 2018 ordnete der Erziehungsdirektor Amsler eine umfassende interne Untersuchung an, auf Druck der Öffentlichkeit.
«Nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt»
«Die PUK konnte keine Amtspflichtverletzung feststellen», sagt Christian Amsler im Interview mit dem «Regionaljournal». Er habe stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Ausserdem habe er alle Hinweise seinen direkt unterstellten Mitarbeitern weitergegeben und die Vorfälle in der Schulzahnklinik intern untersuchen lassen.
Auch der Gesamtregierungsrat äusserte sich schriftlich zum Bericht. Der Regierungsrat räume ein, dass die organisatorischen Rahmenbedingungen an der Schulzahnklinik das unrechtmässige Verhalten begünstigten. Verantwortlich dafür sei aber vor allem der damalige Klinikleiter gewesen, heisst es in der Stellungnahme. In diesem Zusammenhang aber von einer generellen «Nichtwahrnehmung der Führung aller Vorgesetzten im Bereich der Aufsicht und der Kontrolle» zu sprechen, sei zu pauschal und zu wenig differenziert. Ausserdem stelle sich aus Sicht des Regierungsrates die Frage, ob der finanzielle Aufwand für die Untersuchung mit Blick auf die gewonnenen Erkenntnisse in einem vernünftigen Verhältnis stünden.
Auch GPK hat Fehler gemacht
Amsler erhält aber dennoch auch etwas Rückendeckung im PUK-Bericht. Die Untersuchung bestätigt auch, dass die Geschäftsprüfungskommission im Schaffhauser Kantonsparlament Informationen und Dokumente über mögliche unrechtmässige Vorgänge erhalten habe, mit welchen Amsler nicht konfrontiert wurde. Ausserdem habe die GPK die Sitzungen, entgegen der Vorschriften, nicht protokolliert und ging direkt zur Staatsanwaltschaft. Die GPK habe zwar umfassende Aufklärung in Gang gesetzt, die Aufgabe als Oberaufsichtsbehörde aber verkannt. Amsler selber hat dieses Vorgehen der GPK bereits im Herbst 2018 kritisiert.
Details zu Missständen auf dem Tisch
Der Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission zeigt ausserdem zum ersten Mal schwarz auf weiss, wie die Abwerbungen von der Schulzahnklinik vonstatten gingen. Es sei «erwiesen», dass ab 2007 Patienten von der Schulzahnklinik in Privatpraxen wechselten und dazu aktiv aufgefordert wurden. Laut Schätzungen entgingen der Schulzahnklinik Umsatzeinbussen zwischen 590'000 bis 1,3 Millionen Franken
Der Bericht zeigt das Beispiel eines Vaters: Dieser sagte aus, seine Tochter sei ein IV-Fall gewesen und in der Schulzahnklinik behandelt worden. 2011 habe die Tochter plötzlich den Behandlungstermin an einer anderen Adresse gehabt, in der Privatpraxis des behandelnden Zahnarztes. Er habe das im ersten Moment gar nicht realisiert, nichts davon gewusst und dann in der Schulzahnklinik nachgefragt, warum das so sei. Dort sei er abgewimmelt worden. Ihm wurde mitgeteilt, offenbar nach Rücksprache mit dem Vorgesetzten, dass es nun einfach so sei. Es handle sich ja um den gleichen Zahnarzt und spiele eigentlich keine Rolle.