Schon seit 130 Jahren wird der Tag der Arbeit gefeiert. Am 1. Mai machen Menschen miteinander in der Öffentlichkeit auf die gewerkschaftlichen Anliegen aufmerksam. So auch dieses Jahr – trotz der Pandemie. In verschiedenen Schweizer Städten demonstrierten die Menschen am Tag der Arbeit grösstenteils friedlich.
Zürich: Es gab zahlreiche friedliche Kundgebungen, aber auch Scharmützel. Die Polizei stoppte mehrere unbewilligte Umzüge teils mit Gummischrot und wies mehrere Hundert Demonstrierende weg. Drei Personen wurden festgenommen.
Es seien vereinzelt pyrotechnische Gegenstände gezündet und auch Flaschen gegen die Stadtpolizei geworfen worden. Dabei sei es zu einem kurzen Gummischrot-Einsatz gekommen, so die Polizei. Sachbeschädigungen wurden keine gemeldet.
Bern: Auch in der Berner Innenstadt hat eine unbewilligte 1. Mai-Demonstration stattgefunden. Trotz Pandemie existiere der Kapitalismus mit all seinen Übeln weiter, hiess es in einem im Internet verbreiteten Aufruf. Die Polizei hielt sich beim Umzug durch die Innenstadt im Hintergrund, obwohl die Teilnehmerzahl deutlich zu hoch war. Sie begleitete den Umzug, schritt aber nicht ein.
Weit weniger Menschen hatten sich am frühen Nachmittag beim Berner Bahnhof versammelt. Sie begannen Lieder zu singen und zu tanzen. Offenkundig handelte es sich um Gegner der Corona-Massnahmen; viele trugen keine Masken. Die Polizei wies deshalb nach eigenen Angaben mehrere Personen weg.
Die Gewerkschaften versammelten sich nach ihrer Standaktion den Nachmittag hindurch (bewilligt) zu einem Foto auf dem Bundesplatz.
Genf: Am traditionellen 1. Mai-Umzug in der Genfer Innenstadt haben rund 1000 Menschen teilgenommen. Die Gewerkschaften und Verbände legten an der diesjährigen Kundgebung den Schwerpunkt auf soziale, feministische und klimatische Gerechtigkeit.
Neben den Gewerkschaften und linken Parteien marschierten bei dem Umzug auch Mitglieder des Zukunftsstreiks und des Frauenstreiks mit. Sie kündigten Demonstrationen für den 21. Mai zugunsten des Klimas und am 14. Juni für die Rechte von Frauen an.
Basel: Weit über 1000 Menschen haben sich zur polizeilich bewilligten 1.-Mai-Kundgebung versammelt. Der von vielen unterschiedlichen Gruppierungen zusammengesetzte Demonstrationszug blieb mit Ausnahme eines kurzen Scharmützels mit der Polizei und einer internen Auseinandersetzung gegen Ende friedlich.
St. Gallen: Auch in St. Gallen verlief eine Demonstration friedlich. Mehrere Hundert Menschen nahmen teil - weit weniger als in früheren Jahren vor der Corona-Pandemie. Die Polizei war mit einem kleinen Aufgebot sichtbar vor Ort.
Sommaruga und Berset rufen zu Solidarität auf
Bundesrätin Simonetta Sommaruga und ihr SP-Bundesratskollege Alain Berset fordern zum 1. Mai Solidarität. Die Arbeitsbedingungen seien wegen der Pandemie in Berufen mit niedrigen Löhnen schlechter geworden.
Alain Berset sagt in seiner Twitter-Ansprache vom Samstag, die Coronakrise habe eines mit anderen Krisen gemeinsam: «Die Schwächsten leiden am meisten.» Das gelte nicht nur für die gesundheitlichen Folgen, sondern auch für die wirtschaftlichen.
SGB: Zeit für eine soziale Wende
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund zeichnet am Tag der Arbeit ein düsteres Bild der Arbeitnehmenden. Wegen der Coronavirus-Pandemie seien Ungleichheiten verstärkt worden. Deshalb sei es Zeit für eine soziale Wende.
SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard sagte in einer online übertragenen Rede, die Corona-Pandemie sei eine unglaubliche Krise. Mehr als eine halbe Million Familien sei von der Arbeitslosenversicherung abhängig. Viele Menschen seien in der Kurzarbeit. 20 Prozent weniger Lohn über Monate sei schwierig für viele Familien und stelle diese vor Probleme.
Alt SGB-Präsident und SP-Ständerat Paul Rechsteiner (SG) hat im SGB-Livestream die guten Beziehungen zum europäischen Gewerkschaftsbund gelobt. Die Solidarität unter den europäischen Gewerkschaften sei nötig.