Passend zum aktuellen Transplantationsgesetz, welches in der Schweiz zur Debatte steht, werfen wir einen Blick in die Vergangenheit: 1967 hat Christiaan Barnard in Südafrika die erste Herztransplantation durchgeführt. Die Frage ist: Welche Rolle spielte dabei sein schwarzer Assistent Hamilton Naki? Und warum fand die erste Transplantation in Südafrika statt? Cristina Karrer war 2008 im Dokumentarfilm «Hidden Heart» Co-Regisseurin und liefert Antworten.
Barbara Lüthi: Sie haben 2008 den Dokumentarfilm «Hidden Heart» produziert. Man weiss bis heute nicht, ob der schwarze Assistent Hamilton Naki bei der Operation fast mehr übernommen hat als Barnard selbst?
Cristina Karrer: Das ist so, man weiss es bis heute nicht. In Südafrika herrschte damals tiefste Apartheid und es war unglaublich, dass ein Schwarzer im Operationssaal auftauchte.
Es war unglaublich, dass ein Schwarzer während der Apartheid im Operationssaal auftauchte.
Als ich den Film gedreht habe, konnte ich ihn leider nicht mehr befragen, weil er bereits verstorben war. Es gab nur eine amerikanische Fernsehstation, die ihn interviewt hat und man versteht kaum etwas, von dem, was er sagte, ausser: «I did it. But, I did it!»
Sogar Christiaan Barnard selbst soll gesagt haben, dass Naki eigentlich der bessere Chirurg von ihnen beiden war?
Ja, das stimmt, Hamilton Naki konnte besser «nähen» und darauf kommt es bei einer Herztransplantation an. Naki hat in Südafrika vom Präsidenten höchstpersönlich das Verdienstkreuz erhalten, eine sehr hohe Anerkennung.
In Südafrika gab es keine Menschenrechte – darum konnte man dort die Transplantation machen.
Während der Arbeit am Film hat mich am meisten beeindruckt, dass ich in den USA einen Zahnarzt gefunden habe, der bei Herr Naki in die Schule ging, in Kapstadt. Stellen Sie sich das mal vor: Naki, der ursprünglich Gärtner war und später einem bekannten und erfolgreichen Zahnarzt Chirurgie beibringt. Er hat in seinem Land extrem viel erreicht, aber leider wurde er dafür auf der internationalen Bühne nie gewürdigt.
Warum war es Mitte der 1960er-Jahre wichtig, dass der Chirurg Barnard, der in Amerika lehrte, in Südafrika eine Herztransplantation durchgeführt hat? Hat das Land davon profitiert?
Ja, total. In dem Jahr, als die Herztransplantation durchgeführt wurde, ereignete sich das sogenannte «Massaker von Sharpeville», welches weltweit verurteilt wurde. Der Ruf von Südafrika war im Keller und das Land war isoliert. Dann kam Barnard, ein gutaussehender Star-Chirurg, ein Lichtschimmer. Für Südafrika war er die absolute Rettung. Kapstadt wurde dann plötzlich zum Zentrum von Herztransplantationen.
Da es sich um die weltweit erste Herztransplantation handelte: Gab es nicht auch juristische Fragezeichen, ob man das überhaupt machen durfte?
Es gab absolute Fragezeichen. Aber in Südafrika gab es keine Menschenrechte und darum konnte man die Transplantation dort machen. Auch die Amerikaner waren daran, es war ein Wettrennen, wer zuerst ist. Barnard hatte seine Technologie eigentlich von den Amerikanern abgeschaut. Aber dort konnte er es nicht machen.
Weil der Hirntod in den USA noch nicht definiert war: Dieser wurde erst ein Jahr nach der Operation von einem Komitee in Harvard festgelegt.
Genau, auch in Südafrika war der Hirntod noch nicht definiert, aber dort konnte Barnard die Operation trotzdem durchführen, quasi unter dem Tisch. Er hat niemandem gesagt, was er da jetzt konkret macht. Ehrlich gesagt, es war eine Nacht-und-Nebel-Aktion und es war ein wenig wie der medizinische Wilde Westen.