- Die dritte SRG-Umfrage zur Coronakrise zeigt: Der Schrecken der Pandemie nimmt ab – die Angst vor ihren wirtschaftlichen Folgen zu.
- Die Bevölkerung trägt die Lockerung der Schutzmassnahmen mehrheitlich mit.
- Bei den Ferienplänen, der ÖV-Nutzung und Restaurantbesuchen herrscht aber Zurückhaltung.
Corona, Corona, Corona…ins Rennen um das Unwort des Jahres dürfte sich nur noch die «Herdenimmunität» einmischen. Wochenlang dominierten Hiobsbotschaften und Horrormeldungen den Alltag. Nun ist ein Licht am Ende des Tunnels erkennbar: Mit der Lockerung der Schutzmassnahmen ist die Pandemie in die nächste Phase getreten.
Wer Angst hat, ist eher bereit, sich einzuschränken. Fällt das weg, treten andere Fragen in der Vordergrund.
Und mit ihr beginnt eine «neue Normalität» – mit neuen Sorgen: Nur noch sechs Prozent der Befragten fürchten sich am meisten vor einem Kollaps des Gesundheitswesens. «Die Gesundheitskrise wird nicht mehr als so dringend wahrgenommen», erklärt Politologe Michael Hermann von der Forschungsstelle Sotomo, die die Umfrage durchgeführt hat.
Für die Hälfte der Befragten stehen die wirtschaftlichen Folgen der Krise ganz oben auf dem Sorgenbarometer.
Trotz sich verdüsternder Wirtschaftsprognosen bangen aber «nur» 19 Prozent um ihren Arbeitsplatz. «Viele Leute fühlen sich relativ sicher und glauben nicht, dass sie jetzt sparen müssten», so Hermann. Es gebe aber eine generelle Befürchtung gegenüber dem, was noch kommen könnte.
Derweil plagt 57 Prozent der Menschen die Einschränkung der persönlichen Freiheiten – die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus nimmt dagegen ab.
Die schrecklichen Bilder auf dem Höhepunkt der Coronakrise – so etwa aus der Lombardei – schienen derzeit weit weg, so der Politologe. Und auch die Coronavirus-Infektionen im direkten Umfeld würden seltener. «Wer Angst hat, ist eher bereit, sich einzuschränken. Fällt das weg, treten andere Fragen in den Vordergrund.»
Ferien zu Hause
Und: Der grosse Lagerkoller ist während des Shutdowns nicht ausgebrochen. Die Grundstimmung bei den Befragten hat sich nicht verschlechtert. Auch, weil viele Menschen zwar von lange andauernden Einschränkungen ausgehen – diese aber weniger gravierend sind als viele befürchteten.
Am Montag öffnen die Geschäfte wieder und Freizeitaktivitäten sind wieder möglich. Die Bevölkerung trägt diese Lockerung grossmehrheitlich mit.
Allerdings: Das Gebot der Stunde heisst Vorsicht. Zwei Drittel der Befragten wollen zwar ab dem 11. Mai wie vor der Coronakrise in Läden einkaufen. Dem Besuch von Restaurants und Bars stehen aber viele skeptisch gegenüber.
Eine Mehrheit will auch den ÖV deutlich weniger nutzen als vor der Krise. Hermann überrascht die Zurückhaltung nicht. «Im ÖV steht man nahe beisammen – in den letzten Wochen hat man gelernt, genau das nicht zu machen.»
Die Befragung zeigt auch: Die Bevölkerung geht auf absehbare Zeit von einem Leben «mit Corona» aus. Noch im April rechneten die meisten mit einer Rückkehr zur Normalität bis zum Sommer. Jetzt glauben viele, dass dies erst ab Frühling 2021 möglich sein wird. «Es hat sehr viel Realismus eingesetzt, die Hoffnung auf eine schnelle Impfung hat sich verflüchtigt», so Hermann.
Auch die Auswirkungen der Pandemie auf die Reisepläne für die Sommerferien zeigen sich deutlich: Hatten 49 Prozent längere Ferien im Ausland geplant, setzen die Befragten nun auf Ausflüge und Ferien in der Schweiz.
44 Prozent haben Ausflüge und Kurztrips vor, nur 19 Prozent planen längere Ferien in der Schweiz. Rund jede vierte Person meint dagegen, ihre Sommerferien wohl zu Hause zu verbringen oder keine Freitage zu nehmen.