Hintergrund: Heute vor 40 Jahren wurde die Gleichstellung von Frau und Mann in der Verfassung verankert. Am diesjährigen nationalen Frauenstreiktag sind in der ganzen Schweiz viele Frauen auf die Strasse gegangen. Sie standen für eine ganze Palette von Forderungen ein, so etwa eine Aufwertung von Frauenberufen und Betreuungsarbeit, faire Löhne, für mehr Mutterschaftsurlaub und Elternzeit, einen besseren Schutz für Migrantinnen und Prävention gegen Gewalt an Frauen.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) bezifferte die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf gegen 100'000. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Aktionen dezentral durchgeführt.
Zahlreiche Frauen haben um 15.19 Uhr bei der Arbeit Feierabend gemacht, und viele Aktionen wurden auf genau diese Zeit organisiert – auf einen Tag umgerechnet arbeiten die Frauen ab 15.19 Uhr nämlich gratis. Im Jahr 2019 war es noch um ab 15.24 Uhr. Bei den landesweiten Protesten zeigten sich die Frauen durchaus kreativ. Im Folgenden ein Auszug davon.
Aktionen in Bern: Im Kanton Bern haben sich tausende Frauen zusammengefunden. Es gab Informationsstände, Vorträge und Aktionen, wie etwa jene Wissenschaftlerinnen, die sich vor der Universität Bern zu einem Flashmob zusammenfanden. Sie standen damit für eine bessere Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen und Expertinnen in der akademischen Welt ein.
Kurz nach 15 Uhr trafen sich etwa 80 Frauen auf dem Berner Bahnhofplatz zu einer Aktion für Lohngleichheit. Die Frauen marschierten rückwärts, um zu versinnbildlichen, dass es bei der Lohngleichheit der Frauen nicht vorwärts, sondern sogar rückwärts geht. Eine Gruppe des Frauenstreikkollektivs hatte zudem mit Aufklebern verschiedene Berner Strassen nach Migrantinnen umbenannt. An den beiden Schlussdemonstrationen nahmen rund 30'000 Personen teil, der Bundesplatz war zur voll.
Aktionen in Zürich: In Zürich demonstrierten mehrere hundert Personen – zumeist Frauen. Höhepunkt war der Demonstrationszug vom Limmatquai zum Helvetiaplatz. Vor der Demo sollte um 17.30 Uhr beim Central noch zusätzlich «Lärm» gemacht werden.
Es hatte bereits den ganzen Tag hindurch mehrere Aktionen in der Stadt gegeben. So etwa ein Streikzmittag und diverse Reden. Durch die Stadt zog beispielsweise auch ein Velo-Corso.
Aktionen in Neuenburg: In Neuenburg versammelten sich pünktlich um 15.19 Uhr rund hundert Frauen zu einer feministischen Pause. Auf Badetüchern sowie Sonnenliegen sitzend und von Sonnenschirmen geschützt, machten sie mit fünf Schweigeminuten auf die Lohnungleichheit aufmerksam.
Aktionen in Lausanne: Etwa 8000 Personen versammelten sich laut der Polizei auch in Lausanne um 15.19 Uhr. Sie kritisierten den Entscheid des Bundesparlaments, das Rentenalter für Frauen auf 65 Jahre zu erhöhen.
Aktionen in Luzern: In Luzern fand am Abend eine Demonstration statt – mit gegen 2000 Personen. Der Demonstrationszug startete beim Luzerner Theaterplatz, der kurzum zum «feministischen Streikplatz» umbenannt wurde, und endete beim Pavillon am Vierwaldstättersee, wo Musik aufgelegt und «gemeinsam Stimmung» gemacht wurde.
Aktionen in Zug: In Zug fand ab 16 Uhr ein Postenlauf an der Seepromenade statt. Auf dem Programm stand auch ein gemeinsames Picknick, «ein Znacht in feministischer Gesellschaft».
Aktionen in Nid- und Obwalden: In Stans (NW) gingen Frauen zusammen auf die Strasse und hielten auf Transparenten ihre Forderungen fest. Auf dem Winkelrieddenkmal befestigten sie beispielsweise eines mit der Aufschrift «Denk mal». Und in Sarnen (OW) wurde am Rathaus eines mit der Aufschrift «Feminismus ist grenzenlos» montiert.
Aktionen in Uri: Das Frauenstreik Kollektiv Uri lud alle Urnerinnen dazu ein, an diesem Tag zuhause oder an der Arbeit zu streiken, einen Zacken langsamer zu arbeiten und die Farbe lila zu tragen oder gut sichtbar aufzuhängen. Auch gleichgesinnte Männer seien dazu eingeladen. Da die Urnerinnen und Urner eher Streikmuffel seien, sollten sie den Forderungen auf ihre Art Ausdruck verleihen, hiess es.
Lila gibt den Ton an – auch in der Politik
Bereits in der Nacht auf Montag haben Aktivistinnen in mehreren Städten das Wasser von Brunnen lila gefärbt, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Violett gilt als Farbe der Frauenbewegung. Die SP schrieb dazu auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, dass die Schweiz trotz Gleichstellungsgesetz und 50 Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts noch immer hinterherhinke.
In einem lila umrahmten Video begründeten mehrere Frauen – darunter SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (ZH), die Berner SP-Nationalrätin Tamara Funiciello und die Tessiner SP-Ständerätin Marina Carobbio Guscetti – wieso sie streikten.
Zum Frauenstreiktag hat sich auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund geäussert. Dieser stellt fest: Durch wachsende Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen, Diskriminierungen und der «skandalösen Frauenrentenlücke» sei die Schweiz noch weit von einer Gleichstellung entfernt.