«Vielen Dank, aber das brauchen wir hier nicht.» So lautete 1991 der Tenor der Nidwaldner Sozialvorsteherkonferenz. Dominique Grütter und ihre Mitstreiterinnen hatten ihnen die Idee für eine erste Kindertagesstätte präsentiert. «Wir bissen zunächst auf Granit. Ich dachte, die Frauen werden die Idee mit offenen Armen empfangen. Doch auch sie sagten: Das brauchen wir nicht, wir haben unsere Familien.»
Dominique Grütter konnte bei der Betreuung ihrer Kinder nicht auf die Unterstützung der Grosseltern zählen. Die 33-Jährige war von ihnen und ihrem Heimatkanton Zürich weggezogen.
Die Familie ihrer Mistreiterin José Jost lebte noch weiter weg, in Holland. Für beide war zudem selbstverständlich, dass sie auch als Mütter erwerbstätig sein wollten.
Unsere Generation war im Aufbruch. Wir waren die Frauen, welche nicht mehr Vollzeit Hausfrau und Mutter sein wollten.
Inspiriert waren sie von bereits existierenden Kindertagesstätten in der Stadt Zürich oder dem Ausland. Ausserdem wurden solche Angebote im Rahmen des schweizweiten Frauenstreiks von 1991 auch vermehrt in ländlichen Gebieten diskutiert.
«Unsere Generation war im Aufbruch. Wir waren die Frauen, welche nicht mehr Vollzeit Hausfrau und Mutter sein wollten», sagt sie.
Da der Rückhalt aus der Politik fehlte, starteten die Gründerinnen 1994 auf eigene Faust. Das Kita-Angebot im Nidwaldner Hauptort Stans gab es zunächst nur am Vormittag. Eltern zahlten damals 20 bis 38 Franken für einen halben Tag Betreuung.
Nach und nach sprach sich das Angebot herum. Wichtig war dabei die Dritte im Bunde, die Nidwaldnerin Anna-Barbara Kayser. «Dass eine Einheimische Teil des Projekts war, hat geholfen, dass einige Augen und Ohren aufgingen», erzählt Dominique Grütter.
Politik blieb lange skeptisch
Nach einigen Jahren, in denen die Kita ausschliesslich mit Elternbeiträgen, Darlehen und Spenden finanziert war, stieg auch der Kanton ein. Ab 1999 leistete er einen jährlichen Unterstützungsbeitrag. «Irgendwann merkte auch Nidwalden, dass es jetzt salonfähig ist, eine Kita zu haben.»
Das Ziel der Politik war es aber nicht, Frauen zu unterstützen, welche nicht alle Betreuungsarbeit alleine leisten wollten. «Wenn eine Mutter arbeiten wollte, der Lohn des Vaters aber reichte, war zunächst kein Verständnis da. Hier mussten wir Aufklärungsarbeit leisten.»
Heute sei das anders. Dass die Kita auch einen Beitrag an die wirtschaftliche Attraktivität des Kantons Nidwalden leistet, sei in den meisten Köpfen verankert. Die Betreiberinnen beziffern den wirtschaftlichen Nutzen ihrer Kinderbetreuung mit etwa 60 Millionen Franken pro Jahr. Das ist das Einkommen, welches die Eltern verdienen, während ihre Kinder extern betreut werden.
Heute ist Nidwaldner Kita ein stattliches KMU
30 Jahre nach der Gründung ist das Chinderhuis ein funktionierendes Unternehmen. Es beschäftigt fast 100 Mitarbeitende, hat zwei Kita-Standorte, arbeitet mit Tagesfamilien und Nannys zusammen und bietet im Auftrag von Gemeinden Angebote für die schulergänzende Betreuung.
Die Gründerin Dominique Grütter ist heute nicht mehr involviert. Das Projekt erfüllt sie aber noch immer mit grossem Stolz. Ihre Hartnäckigkeit hat sich ausbezahlt, auch wenn sie rückblickend sagt: «Wir haben immer gewusst: Das wird ein Erfolg.»