Vor 40 Jahren kamen erstmals tamilische Flüchtlinge aus Sri Lanka in grösserer Zahl in die Schweiz. Teile der Politik und der Bevölkerung begegneten der neuen Flüchtlingsgruppe damals mit Argwohn und Ablehnung. Seither hat sich allerdings viel verändert.
Schwierige Anfänge 1983
Gewalttätige Angriffe von Singhalesen auf die tamilische Minderheit lösen in Sri Lanka 1983 einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg aus. Er sollte bis zu einem blutigen Ende 2009 andauern und ist bis heute nicht aufgeklärt. Tausende Tamilinnen und Tamilen flüchteten in diesen Jahren in die Schweiz, doch auch hier werden sie teilweise angefeindet.
Von rechts gab es zu Beginn teils politische Kampagnen gegen die tamilischen Flüchtlinge. Sie machten Ferien auf Staatskosten, hiess es etwa. Viele seien Schmarotzer oder Drogendealer. So sagte etwa ein Passant gegenüber der Tagesschau von SRF: «Die spielen hier das Leben von Tagedieben auf unsere Kosten. Wir Idioten müssen für sie Steuern bezahlen.»
Aber es gab auch Teile der Schweizer Bevölkerung, die die tamilischen Flüchtlinge unterstützten. Zum Beispiel Hugo Lager, der sich beim christlichen Friedensdienst engagierte. Es habe sehr geholfen, dass er früh zu einem tamilischen Flüchtling einen vertrauensvollen Kontakt aufbauen konnte. «Er hat mir ihre Situation erklärt und ich habe ihnen unsere Situation erklären können. So haben wir Lösungen gefunden für sehr viele Probleme.»
Unverarbeitete Traumata
Heute sind die Kinder der damals Geflüchteten erwachsen geworden. Eine von ihnen ist Laavanja Sinnadurai. Die 33-Jährige wurde in der Schweiz geboren und arbeitet heute als Juristin beim Bund. «Meine Eltern haben immer gesagt: du sollst es besser haben als wir und haben eigentlich immer einen grossen Wert auf die Bildung gelegt. Die Bildung ist der einzige Weg für den gesellschaftlichen Aufstieg.»
Ich habe das Gefühl, sehr viele tamilische Geflüchtete sind in die Schweiz gekommen und haben ein Trauma, das sie nie richtig behandeln lassen konnten.
Trotz dieser Erfolgsgeschichten bleiben gewisse Herausforderungen. So erreichen jetzt viele der tamilischen Flüchtlinge aus den 1980er-Jahren das Pensionsalter. Was bedeutet es für sie, in der Schweiz alt zu werden? Eine brennende Frage.
«Da sind wir, die Jungen, die Kinder der Geflüchteten schon gefordert, nach Lösungswegen zu suchen. Zumal die Altersfrage in Sri Lanka anders war», sagt Laavanja Sinnadurai. «In der Heimat hatten sie Familien um sich. In der Schweiz sind sie schon einsam.» Auch die Altersarmut sei ein Problem, denn viele hätten erst spät in die Rente einbezahlt. «Da sind sehr viele Tamilen betroffen.»
Ebenfalls ein Thema ist, dass einige Tamilen hierzulande ein Alkoholproblem haben. Ein schwieriges und sensibles Thema.
«Ich habe das Gefühl, sehr viele tamilische Geflüchtete sind in die Schweiz gekommen, haben ein Trauma, das sie nie richtig behandeln lassen konnten. Es hiess Arbeit, Arbeit, Arbeit», so Sinnadurai. «Man musste die Familie finanzieren in Sri Lanka. Man musste überhaupt das Leben in der Schweiz finanzieren, was nicht billig ist. Darum haben sich viele Männer dann in diese Sucht hinein gestürzt.»
In den letzten 40 Jahren haben die Tamilen in der Schweiz viel erreicht in der gesellschaftlichen und beruflichen Integration. Aber klar ist auch: Kriegserfahrungen und die Flucht aus der Heimat bringen Belastungen mit sich, die für gewisse Menschen auch Jahrzehnte später eine Belastung bleiben.