Der mutmassliche Täter: Ein Jugendlicher hat am Samstagabend in der Zürcher Innenstadt einen orthodoxen Juden auf offener Strasse mit einer Stichwaffe niedergestochen. Wie die Oberjugendanwaltschaft des Kantons Zürich mitteilte, handelt es sich beim mutmasslichen Täter um einen 15-jährigen Schweizer mit tunesischem Hintergrund. Er sei im Jahre 2011 eingebürgert worden, bestätigt Mario Fehr, Sicherheitsdirektor des Kantons Zürich, an einer Medienkonferenz am Nachmittag. Die Stadtpolizei konnte den Tatverdächtigen vor Ort festnehmen. Er befindet sich zurzeit in Untersuchungshaft.
Das Opfer: Der 50-jährige orthodoxe Jude musste schwer verletzt ins Spital gebracht werden. Inzwischen ist er ausser Lebensgefahr, teilten die Behörden an der Konferenz mit. Das jüdische Wochenmagazin «Tachles» zitierte Angehörige des Opfers, die sagten, die Stichwaffe hätte die Hauptschlagader und Teile der Lunge getroffen und das Herz nur knapp verfehlt.
Ermittlungen laufen: Laut der Kantonspolizei Zürich gehen die Ermittlungen in alle Richtungen. Ein antisemitisches Verbrechen wurde nicht explizit ausgeschlossen. Unklar bleibt zunächst, ob der 15-Jährige ein Einzeltäter ist oder in Verbindung mit einer Gruppierung handelte. Dies sei Gegenstand der Ermittlungen, teilte die Zürcher Oberjugendanwaltschaft mit.
Das sagen Zeugen: Laut «Tachles» wurden sofort nach der Tat Zeugen vernommen, darunter auch anwesende jüdische Passanten. Gegenüber der Wochenzeitung sagten die Zeugen, der Täter hätte gegenüber ankommenden Passanten gerufen: «Ich bin Schweizer. Ich bin Muslim. Ich bin hier, um Juden zu töten.» Ausserdem soll der Jugendliche gemäss mehreren Zeugenaussagen «Tod allen Juden» und «Allahu Akbar» gerufen haben, berichtete «20 Minuten». Laut der «NZZ» bekennt sich der 15-jährige Täter zu den militanten Al-Aksa-Brigaden, einem militant-palästinensischen Flügel der Fatah-Partei.
Das sagt Justizminister Beat Jans: Bundesrat Beat Jans, der sich zurzeit in Brüssel befindet, äusserte sich zum Vorfall in Zürich: «Ich möchte den Angriff auf einen jüdischen Mitbürger in aller Form verurteilen.» Er spreche dem Opfer und den Angehörigen sein Mitgefühl aus. «Wir akzeptieren in der Schweiz keine Form von Rassismus und Antisemitismus. Und wir werden unseren Teil dazu leisten, dass sich das in der Schweiz nicht wiederholen muss», sagt Jans.
Das sagt die jüdische Gemeinschaft: Für den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) besteht aufgrund von Zeugenaussagen in den Medien wenig Zweifel, dass der Angriff antisemitisch motiviert war, wie die Organisation am Sonntag schrieb. Es handle sich um ein «antisemitisches Hassverbrechen». Der Anstieg des Antisemitismus in den letzten Monaten hat ihrer Meinung nach «eine neue erschreckende Eskalationsstufe erreicht».
Das sagt die islamische Gemeinschaft: Die Vereinigung der islamischen Organisation in Zürich (Vioz) verurteilte den Angriff am Sonntagabend. «Stimmen des Hasses, des Krieges und der Gewalt sind laut und deshalb muss und soll unsere Stimme in diesem Moment lauter sein, denn wir sagen ‹nicht in unserem Namen!›» Eine solche Tat habe nichts mit der muslimischen Gemeinschaft in Zürich zu tun. «Nichts rechtfertigt einen Angriff auf Unschuldige; weder eine politische Überzeugung noch irgendeine Religion», so die Vioz.