- Nachdem ein 15-jähriger Schweizer mit arabischen Wurzeln am Samstagabend in Zürich einen orthodoxen Juden mit einer Stichwaffe lebensbedrohlich verletzt hat, sind die Sicherheitsmassnahmen vor jüdischen Einrichtungen erhöht worden.
- Dabei wird die Stadtpolizei Zürich auch von der Zürcher Kantonspolizei unterstützt.
- Der 50-jährige Mann musste ins Spital gebracht werden – mittlerweile ist er ausser Lebensgefahr.
- Am Abend fand in Zürich am Tatort eine Mahnwache mit hunderten Teilnehmern statt.
Nach Rücksprache mit den jüdischen Organisationen der Stadt sei man zum Schluss gekommen, die Sicherheitsvorkehrungen rund um spezifische Örtlichkeiten mit jüdischem Bezug vorsorglich zu erhöhen, teilt die Stadtpolizei mit.
Die laufenden Ermittlungen der Kantonspolizei Zürich sowie der zuständigen Jugendstaatsanwaltschaft schlössen die Möglichkeit eines antisemitisch motivierten Verbrechens explizit ein, liess sie zuvor verlauten.
Jugendstaatsanwaltschaft ermittelt
Die Hintergründe und der Tathergang sind noch unklar. Der Angriff habe sich im Zürcher Kreis 2 im Engequartier ereignet. Um 21.35 Uhr sei bei der Einsatzzentrale die Meldung über einen Streit unter mehreren Personen eingegangen.
Die Kantonspolizei Zürich und die zuständige Jugendanwaltschaft ermittelten in alle Richtungen.
SIG ruft Jüdinnen und Juden zur Vorsicht auf
Jehuda Spielmann, Gemeinderat der Stadt Zürich (Kreis 3), kennt, wie er auf X mitteilt, die angegriffene Person. Ihr Zustand habe sich indessen «stabilisiert».
Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) zeigte sich in einer Mitteilung «zutiefst erschüttert, dass ein Gemeindemitglied Opfer einer solchen Attacke wurde.»
Die Sicherheitsorganisationen der jüdischen Gemeinschaft in Zürich wie auch schweizweit seien informiert worden, führte der SIG aus. Die Sicherheitsdispositive würden, wie nach einem solchen Fall gängig, überprüft und bei Bedarf angepasst. Dem Opfer und den Angehörigen sprach der SIG sein Mitgefühl aus.
Stadtrat nimmt Politiker in die Pflicht
FDP-Stadtrat und Vorsteher des Schul- und Sportdepartements Zürich Filippo Leutenegger wertet den Vorfall als «wichtigen Weckruf für die politischen Parteien». Gegenüber SRF betont er: «Wir müssen unbedingt dafür sorgen, dass unser politischer Diskurs nicht auf Irrwege gerät wie zum Beispiel in Deutschland.»
Leutenegger gibt zu bedenken, das solche Tendenzen im Versteckten gärten. Diskussionen zwischen Religionsgruppen verliefen in der Schule friedlich. Aber «was im Untergrund läuft, wissen wir nicht.»
Antisemitismus nimmt zu
Antisemitismus-Vorfälle haben sich in der Schweiz seit dem Angriff der Hamas in Israel im Oktober 2023 und dem Krieg in Nahost gehäuft. Kürzlich veröffentlichte die Westschweizer Fachstelle gegen Antisemitismus und Diffamierung (Cicad) Zahlen, wonach entsprechend motivierte Vorfälle in der Westschweiz 2023 um 68 Prozent zugenommen haben. Fast die Hälfte davon ereignete sich nach dem 7. Oktober.
Der Bundesrat hat Anfang Februar angekündigt, gemeinsam mit den Kantonen eine Strategie und einen Aktionsplan gegen Rassismus und Antisemitismus auszuarbeiten. Geprüft werden soll auch, ob neu ein Beauftragter für Rassismus- und Antisemitismusbekämpfung eingesetzt werden soll.