6035 Millionen Franken. So viel kosten die 36 neuen Kampfjets F-35A aus den USA, welche die Schweiz nun kaufen wird. Es ist das teuerste Rüstungsgeschäft, das dieses Land je getätigt hat.
102'664. So viele Menschen haben eine gültige Unterschrift unter die Volksinitiative «Stop F-35» gesetzt, die den Kauf verhindern möchte. Die Initiative ist formell zustande gekommen, wie die Bundeskanzlei Ende August festgestellt hat. Im nächsten Jahr findet die Volksabstimmung statt.
Eine Initiative ausgehebelt
Doch der Urnengang wird nach dem heutigen Entscheid des Nationalrats zur Farce. Denn wie zuvor der Ständerat hat die Grosse Kammer den Bundesrat verpflichtet, die Unterschrift schon vor der Abstimmung unter den Kaufvertrag zu setzen. Mit dem Argument, die Offerte der USA sei nur bis Ende März des nächsten Jahres gültig.
Weil Initiativen nicht rückwirkend in Kraft gesetzt werden können, bliebe ein Ja zu «Stop F-35» in der Volksabstimmung also faktisch wirkungslos, da die Jets zu diesem Zeitpunkt schon gekauft sein werden.
Den Initiantinnen und Initianten der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee GSoA, der SP und der Grünen wurde von den bürgerlichen Parteien heute einmal mehr vorgeworfen, sie seien mit ihrer Volksinitiative «zu spät» gewesen. Fakt ist, dass die Frist zur Einreichung der Initiative erst am 1. März 2023 abläuft und die Unterschriften somit ein halbes Jahr früher deponiert worden sind. Dass das Parlament losgelöst von allem Recht eine faktische «Deadline» für die Umsetzung einer Initiative definiert, ist ein erstmaliger Vorgang.
Und auch die Tatsache, dass man eine zustande gekommene Initiative aushebelt, indem man kurz vor der Abstimmung genau das Gegenteil von dem tut, was sie fordert, dürfte es so noch nie gegeben haben.
Diesen Sommer hat das Parlament zurecht kritisiert, dass das Bundesamt für Gesundheit BAG Verträge zur Beschaffung von Impfstoffen gegen Corona unterschrieben hat, bevor das Parlament den benötigten Kredit genehmigen konnte. Solange kein Parlamentsentscheid vorliege – in diesem Punkt war man sich in National- und Ständerat einig – müsse in jedem Fall ein Vorbehalt im Vertrag angebracht werden. Für den Fall, dass das Parlament Nein sagen sollte.
Wird das Parlament der Verfassung gerecht?
Jetzt findet das gleiche Parlament ausgerechnet bei einer Initiative, über die das Volk als Souverän dieses Landes befindet, dass es keinen Vorbehalt braucht. Bei Rüstungsgeschäften in Milliardenhöhe, so die Botschaft von National- und Ständerat, gelten andere Spielregeln. Die Räte teilen zustande gekommene Volksinitiativen neu in zwei Kategorien ein: in eine mit Begehren, die man ernst nimmt und in eine mit solchen, um die man sich foutieren kann, weil sie die Parlamentsmehrheit offenbar für deplatziert hält.
«Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes», heisst es in Artikel 2 der Bundesverfassung. Nach der heutigen Debatte über den Kampfjet stellt sich die Frage, ob das Parlament diesem Anspruch hier gerecht geworden ist.