Die grüne Welle hilft im Aargau vor allem der politischen Mitte. Zwar legen die Grünen im Kantonsparlament vier Sitze zu – doch diese gehen auf Kosten der Sozialdemokraten. Das linke Lager bleibt also in etwa gleich stark, was im Aargau eher schwach ist. SP und Grüne kommen gemeinsam auf 37 Sitze, von 140.
Die Grünliberalen haben vor allem vom Ende der kantonalen BDP profitiert. Diese hat vier Sitze «hinterlassen». Einen davon hat sich die CVP geschnappt. Die anderen drei wanderten wohl – zusammen mit einem Sitz der Freisinnigen und der SVP – zu den Grünliberalen.
GLP-Chef dämpft Erwartungen
Damit wird der Kanton Aargau definitiv grüner. Wobei selbst GLP-Präsident Beat Hiller vor allzu grossen Erwartungen warnt. Man müsse mehrheitsfähige Lösungen finden, erklärt er nach dem Sieg. Das kürzlich gescheiterte Energiegesetz – im politischen Prozess schon vor der Abstimmung ziemlich entschärft – zeigt, dass Umweltpolitik am Schluss auch Mehrheiten beim Stimmvolk finden muss.
Der Aargau wird auch etwas progressiver. Es scheint, als ob die Wählerinnen und Wähler aus städtischen Zentren langsam aber sicher die politischen Gepflogenheiten der Dörfer auf dem Land verdrängen. Doch dieser Prozess ist ein langsamer Prozess.
Rechtsbürgerliche Dominanz ist vorbei
Die SVP bleibt mit Abstand die stärkste Kraft im Kanton Aargau. Sie allein hat mehr Sitze als SP und Grüne zusammen – 43 sind es noch immer. Rechnet man die relativ treue Fraktionspartnerin EDU dazu, dann sind es sogar 45. Zusammen mit der FDP sind es 66 Sitze - knapp die Hälfte. Zusammen mit der CVP habe man immer noch eine Mehrheit, freut sich denn auch FDP-Präsident Lukas Pfisterer.
Doch die Zeiten, in denen SVP und FDP zu zweit die kantonale Politik diktieren konnten, sind definitiv vorbei. Grünliberale, CVP und EVP – die Mitte – sind stärker geworden. Damit ist der Kanton Aargau zwar nicht wirklich nach links gerutscht – in sozialen Fragen zum Beispiel stehen SP und Grüne immer wieder allein da mit ihren Anliegen. Aber der Kanton Aargau ist sicherlich etwas weniger rechtsbürgerlich dominiert.
Älter, männlicher: Doch keine Revolution
Dass die Welt nach diesem Wahltag im viertgrössten Kanton keine ganz neue ist, das zeigt auch der Blick auf die Regierungswahlen: Die politische Zusammensetzung der Regierung bleibt gleich. Und die Regierung bleibt ein reines Männergremium. Bei den Parlamentswahlen zeigt die Statistik, dass der Grosse Rat insgesamt sogar leicht älter und männlicher geworden ist.
Eine grosse politische Revolution ist dieser 18. Oktober also nicht für den Aargau. Auch wenn die grüne Welle den Kanton erfasst hat, auch wenn es beachtliche Verschiebungen gibt im Parlament: Es bleibt eine sanfte, langsame Revolution.