Knapp 340'000 Franken. So viel erhält Nicoletta della Valle nach über zehn Jahren an der Spitze des Bundesamts für Polizei (Fedpol) als Abgangsentschädigung ausbezahlt. Die Summe ist bekannt geworden, weil der «Sonntagsblick» die entsprechende Vereinbarung zwischen dem Justiz- und Polizeidepartement von Bundesrat Beat Jans und Amtsdirektorin della Valle veröffentlicht hat. 340'000 Franken entsprechen dem Jahreslohn der Fedpol-Direktorin plus Ortszuschlag.
Fragen wirft auf, dass della Valle noch bis Ende Januar im Amt bleibt, also noch genügend Zeit hätte, um sich eine neue Stelle zu suchen. Der Fall hat denn auch im Ständerat zu reden gegeben, als dieser über einen Vorstoss debattierte, der die Abschaffung von Abgangsentschädigungen beim Topkader von Bund und bundesnahen Unternehmen verlangt.
Aufgrund des sicheren Arbeitsverhältnisses und des ausgebauten Kündigungsschutzes beim Bund sind Abgangsentschädigungen gerade beim gut besoldeten, obersten Kader nicht gerechtfertigt.
Für den Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann unterstreicht das Beispiel, weshalb solche Entschädigungen falsch sind. «Aufgrund des sicheren Arbeitsverhältnisses und des ausgebauten Kündigungsschutzes beim Bund sind Abgangsentschädigungen gerade beim gut besoldeten, obersten Kader nicht gerechtfertigt.» In der Privatwirtschaft – bei börsenkotierten Gesellschaften – seien solche Vergütungsbestandteile wegen der «Abzocker-Initiative» bereits seit zehn Jahren verboten, betont Salzmann.
«Ermöglicht eine flexible Personalpolitik»
Die Urner Mitte-Ständerätin Heidi Z'graggen hat sich im Namen der Mehrheit der staatspolitischen Kommission für die Entschädigungen starkgemacht, «weil sie eine flexible Personalpolitik ermöglicht, besonders bei personellen Veränderungen infolge neuer Führungskräfte». So müssten neugewählte Mitglieder der Landesregierung das Personal in ihrem Umfeld rasch auswechseln können, um ihre Vision zu verwirklichen, so Z'graggen.
Der Fall della Valle hat im Ständerat bei Vielen ein Umdenken bewirkt. In der Kommission habe er sich noch der Stimme enthalten, hat der Waadtländer Pierre-Yves Maillard von der SP bekannt gegeben. Jetzt sehe es für ihn anders aus. In der Kommission sei man informiert worden, dass Abgangsentschädigungen höchstens einen halben Jahreslohn ausmachen würden. Jetzt erfahre er, dass della Valle einen Jahreslohn erhalte, wundert sich Maillard.
Auch die Tatsache, dass das Justizdepartement in der Pressemitteilung von einem «Rücktritt» della Valles gesprochen hat, macht Ständeräte stutzig. Der Zuger Mitte-Vertreter Peter Hegglin ist Präsident der Finanzdelegation des Parlaments. Sie wird vom Bundesrat periodisch über Abgangsentschädigungen informiert.
Bei einem Rücktritt gibt es keine Abgangsentschädigung.
Ohne sich zum konkreten Fall della Valle äussern zu wollen, hält Hegglin grundsätzlich fest: «Bei einem Rücktritt gibt es keine Abgangsentschädigung.» Das Parlament gibt sich damit nicht zufrieden. Die Geschäftsprüfungskommission will sich des Falls annehmen, wie Ständerat Salzmann bekannt gibt: «Dieser Fall wird untersucht, wir werden alle Fälle untersuchen.»
Finanzdelegations-Präsident Hegglin hat zwar gegen die Abschaffung der «goldenen Fallschirme» gestimmt. Er begrüsst aber, dass man das Thema weiterverfolgt: «Wenn Handlungsbedarf besteht, kann es angepasst werden.»
Mit der Frage der Abgangsentschädigungen wird sich als Nächstes die staatspolitische Kommission des Nationalrates beschäftigen. Ist auch sie für die Abschaffung, wird das Parlament über eine entsprechende Vorlage debattieren können.