Abfindungen und Renten von hohen Beamten und gewählten Vertreterinnen und Vertretern geben immer wieder zu reden. Gerade letzte Woche in Zürich, wo ein abtretender Schulpräsident 650‘000 Franken bekommen soll. Und dies, obwohl er einen neuen Job in Aussicht hat und freiwillig gegangen ist.
Abgangsentschädigungen oder Renten im öffentlichen Dienst sind an vielen Orten gebräuchlich. Eine Umfrage bei Gemeinden und Kantonen zeigt aber: Es gibt beträchtliche Unterschiede.
Entschädigung oft nur bei Abwahl
So erhalten gewählte Amtsinhaber in der Mehrheit der angefragten Kantone nur dann eine Abgangsentschädigung, wenn sie abgewählt werden. Zum Beispiel im Kanton Schaffhausen, in Zug oder in Glarus, wo es dafür sechs Monatslöhne gibt, was ungefähr der Kündigungsfrist entspricht.
Wer eine neue Stelle antritt, dem wird an den meisten Orten der neue Lohn von der Entschädigung zumindest teilweise abgezogen. So etwa im Kanton Zürich. Hier erhalten Regierungsräte und die obersten Richterinnen bis zu drei Jahre Abgangsentschädigung – je nach Dienstjahren, Alter und ob eine Person freiwillig ging oder nicht. Der Betrag wird jedoch bei einem neuen Lohn gekürzt.
Immer seltener werden Renten an abgetretene Magistratinnen und Magistraten, wie es bei Thurgauer Altregierungsräten oder Churer Stadträtinnen der Fall ist. In beiden Fällen gibt es Renten bis zur Pension – jedoch nur maximal die Hälfte des Lohns.
«Abzocker-Initiative» lässt grüssen
Auch die Höhe der Abgangsentschädigungen geht zurück. Rechtsprofessor Thomas Geiser von der Universität St. Gallen bestätigt den Trend. Er hat in den letzten 30 Jahren eine Wellenbewegung beobachtet: «Zuerst hat man die Arbeitsstellen flexibilisiert respektive die Kündigungsmöglichkeiten erleichtert. Die Arbeitsplatzsicherheit wurde vermindert, dafür wurden höhere Abgangsentschädigungen vorgesehen.»
In der Privatwirtschaft wird oft vom «Goldenen Fallschirm» gesprochen. Doch auch hier habe sich der Wind gedreht und in der Annahme der «Abzocker-Initiative» von Thomas Minder gegipfelt, welche die Abgangsentschädigungen bei börsenkotierten Unternehmen stark einschränken wollte. Die Öffentlichkeit sei heute weniger gewillt, hohe Abgangsentschädigungen einfach so zu akzeptieren, erklärt Geiser.
Die Öffentlichkeit ist heute weniger gewillt, hohe Abgangsentschädigungen einfach so zu akzeptieren.
Geiser sieht durchaus einen Sinn in Abgangsentschädigungen bei politischen Ämtern – besonders, wenn jemand nicht wiedergewählt wird: «Die gewählte Person hat eine Treuepflicht gegenüber dem Staat. Sie muss für den Staat vernünftig handeln. Wenn sie zu stark auf die Wählerstimmen schielen muss, übt sie unter Umständen ihr Amt nicht genügend unabhängig aus.»
Das Mittel könne auch gegen Sesselkleber wirken, so Geiser. Denn mit Aussicht auf eine Entschädigung sei eine Person möglicherweise eher bereit zurückzutreten, sollte eine Situation auftreten, die einen Abgang nahelegt.
Voreilige Massnahmen nicht ratsam
Auch wenn Einzelfälle heutzutage empören, warnt Geiser davor, aufgrund von solchen die Praxis oder gar das Gesetz ändern: «Der nächste Fall ist garantiert völlig anders, und dann passt die Änderung auch nicht. Die Öffentlichkeit kennt zudem selten alle Einzelheiten.»
Auch wenn Abfindungen und Renten kleiner werden – sie bleiben ein Thema. Die Regelungen der Stadt Zürich sind schon länger in Überarbeitung. Der betreffende Schulpräsident hat mittlerweile auf die neue Stelle verzichtet. Für eine Stellungnahme, ob er die Abgangsentschädigung annimmt, stand er nicht zur Verfügung.