Wer in Grossbritannien nicht direkt in die Quarantäne wandern will, muss bei der Einreise geimpft und getestet sein, und daneben ein fünfseitiges Einreiseprotokoll ausfüllen. Dieses Prozedere gilt auch für den Schweizer Gesundheitsminister.
Mühsam, aber selbstverständlich, sagt Bundesrat Alain Berset im Salon der Schweizer Botschaft im Herzen von London: «Das ist das Minimum, dass man sich einfach an die Regeln hält. Wir erwarten das von sämtlichen Bürgerinnen und Bürgern und machen das selbstverständlich auch.»
70'000 Menschen von Brexit-Lücke betroffen
Nach London gekommen ist Alain Berset, um Löcher zu stopfen und Lücken zu füllen. Denn mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union fielen 42'000 Britinnen und Briten in der Schweiz und 28'000 Auslandschweizer in Grossbritannien in eine Versicherungslücke.
Alle Sozialversicherungsabkommen wurden mit dem Brexit hinfällig. Mit einem bilateralen Abkommen haben die Schweiz und Grossbritannien diese Lücke nun wieder geschlossen. So haben beispielsweise Briten mit ihrer Krankenversicherungskarte wieder Zugang zum schweizerischen Gesundheitssystem und Auslandschweizerinnen können den britischen Gesundheitsdienst in Anspruch nehmen.
Nach dem Brexit ist also wieder vor dem Brexit und dies sei wichtig, erklärt der Bundesrat: «Wir haben sehr viele bilaterale Kontakte und grosse gemeinsame wirtschaftliche und gesellschaftliche Interessen. Da muss eine gewisse Stabilität und Voraussicht bestehen, um zu wissen, was in der sozialen Sicherheit gilt.»
Da muss eine gewisse Stabilität und Voraussicht bestehen, um zu wissen, was in der sozialen Sicherheit gilt.
Unterschiedliche Fortschritte in der Pandemie
Berset unterhielt sich mit seinem britischen Amtskollegen Sajid Javid auch über den Umgang mit der Pandemie. Grossbritannien und die Schweiz gingen die Gesundheitskrise unterschiedlich an. So setzte die britische Regierung nach anfänglichem Zögern auf einen rigorosen Lockdown, eine faktische Schliessung der Grenzen und impfte früher und schneller als die Schweiz.
«Im Unterschied zur Schweiz war es in Grossbritannien möglich, vermutlich 98 Prozent der älteren Menschen zu verimpfen. In der Schweiz sind es ‹nur› 85 Prozent», stellte Berset dazu fest. Diese Differenz sei beträchtlich in einer Altersklasse, in welcher das Virus grosse Probleme machen könne.
Berset weist darauf hin, dass die Schweiz auch bei den anderen Altersklassen schlechter dastehe: «Das ist eine Sorge im Moment. Wir waren die Ersten und sind jetzt fast die Letzten in Europa. Das verlangsamt den Ausstieg aus der Krise.»
Wir waren die Ersten und sind jetzt fast die Letzten in Europa. Das verlangsamt den Ausstieg aus der Krise.
Klare Ansage der Königin
Rund 90 Prozent der Britinnen und Briten über 16 Jahre sind mindestens einmal geimpft. Die Königin forderte ihre Untertanen auf, sich impfen zu lassen. Es sei nur ein kleiner Stich, der einen selber und das ganze Land schütze.
Träumt der Schweizer Gesundheitsminister während irrationalen Impfdebatten gelegentlich heimlich von einer Monarchie, in der nicht empfohlen, sondern verordnet werden kann?
«Das ist schwierig zu vergleichen», lacht Berset und ergänzt: «Wir haben weder König noch Königin in der Schweiz. Bei uns versuchen Institutionen, Kantonsregierungen und Bundesrat immer wieder zu überzeugen, dass es wichtig ist. Und hier braucht es noch ziemlich grosse Fortschritte.»
Bundesrat Berset hat am Freitag auch noch zu tun: Der nächste Covid-Test steht auf dem Programm. Obligatorisch am zweiten Tag nach Ankunft in Grossbritannien.