Der Traum vom Sprachenlernen in einem fernen Land platzt wegen Corona für viele. Die Anreise ist nicht möglich, die Sprachschulen sind geschlossen. Viele mussten einen bereits angefangenen Sprachaufenthalt abbrechen.
15'000 Franken bezahlt und nichts zurückerhalten
So wurde auch eine 16-Jährige aus dem Kanton Luzern vom Anbieter EF bereits nach zwei Monaten aus ihrem sechsmonatigen Austauschsemester in den USA zurückgeholt. «Wir mussten dieser Austauschorganisation knapp 15'000 Franken zahlen», sagt ihr Vater im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».
Als die Familie Veranstalter EF anfragt, ob die hohen Kosten anteilsmässig zurückerstattet würden, will dieser davon nichts wissen. «Diese extrem kundenunfreundliche Haltung enttäuscht uns unglaublich», meint der Vater.
EF schreibt «Espresso»: «Die vertraglich vereinbarten Leistungen sind von EF erbracht worden.» Die kostentreibenden Leistungen würden bereits vor dem eigentlichen Aufenthalt anfallen. Zudem sagt EF: «Gemäss unseren AGB sind weitere Ansprüche uns gegenüber, insbesondere Rückerstattungen, ausgeschlossen.»
Ersatzlösung: Online-Sprachkurs mitten in der Nacht
Bei einem 20-jährigen Baselbieter fällt ein neunwöchiger Sprachaufenthalt Ende Mai in Australien ins Wasser: Die Einreise ist nicht möglich und die Sprachschule geschlossen. Als Alternativen bietet ihm Anbieterin Boa Lingua eine kostenlose Verschiebung, einen persönlichen Gutschein (gültig bis Ende 2021) oder die Annullation zu Kosten gemäss AGB an. Oder einen Online-Sprachkurs zu australischen Unterrichtszeiten, also nachts zwischen ein und vier Uhr. Kein Witz!
Gutschein oder Verschiebung bringen dem Kunden nichts, da er im September eine neue Stelle antritt und gleichzeitig eine dreijährige Ausbildung beginnt. Dennoch kommt Boa Lingua ihm in keiner Weise entgegen. Der junge Mann sieht sich deshalb gezwungen, den Sprachaufenthalt zu annullieren und die daraus entstehenden Kosten zu zahlen.
«Espresso» stellt aufgrund von Hörermeldungen und einer Umfrage unter grossen Sprachreise-Veranstaltern fest, dass diese von sich aus meist nur Verschiebung, Gutschein oder Annullation zu Kosten gemäss AGB anbieten. Vom Recht auf Rückerstattung sagen sie oft nichts. Diese Erfahrung macht auch Reiseombudsmann Franco Muff.
Für Beschwerden:
Recht auf Rückerstattung
Dabei besteht ein Recht auf Rückerstattung, wenn der Sprachaufenthalt eine Pauschalreise ist. Und das ist sehr oft der Fall. Ob das zutrifft, muss dennoch im Einzelfall entschieden werden. Die Angebote unterscheiden sich stark.
Aber auch sonst, sagt Reiserechts-Experte Reto Ineichen, weil der Sprachreise-Anbieter seinen Teil des Vertrags nicht erfüllen könne, nämlich Sprachaufenthalt zum vereinbarten Termin: «Wenn die Reise aufgrund der Corona-Situation nicht durchgeführt werden kann, ist es eigentlich klar, dass man die bereits geleistete Anzahlung zurückerhält.»
Ein Kunde, der die Reise weder verschieben kann, noch einen Gutschein will, soll also nicht einfach die Annullationskosten übernehmen. Der Anbieter soll ihm entgegenkommen.