Kathrin Bertschy, Präsidentin von Alliance F und Nationalrätin der Grünliberalen, hält nicht viel von dem, was der Bundesrat zur Beseitigung der sogenannten Heiratsstrafe vorgelegt hat: «Was der Bundesrat vorschlägt, ist kein sehr intelligentes Steuermodell.»
Zurzeit müssen gewisse Zweiverdienerehepaare und zahlreiche Rentnerehepaare mehr Steuern bezahlen als Konkubinatspaare. Der Bundesrat will diese Ungerechtigkeit beseitigen, indem Verheiratete künftig zwischen einer Besteuerung, bei dem die Einkommen der Eheleute zusammengerechnet werden oder einer Besteuerung, die derjenigen von Konkubinatspaaren ähnelt, wählen könnten. In jedem Fall dürften sich Verheiratete für die günstigere Variante entscheiden.
Pro Person eine Steuererklärung
Doch dieser Vorschlag überzeuge nicht, stellt nun eine neue Ecoplan-Studie fest. Sie propagiert stattdessen ein Modell, das schon mehrmals im politischen Prozess gescheitert ist: Die Individualbesteuerung. Das heisst, dass jede Person eine eigene Steuerklärungen ausfüllen soll. Verheiratete mit Kindern sollen zudem von einem günstigeren Elterntarif profitieren können.
Dieses Modell würde laut der Studie nicht nur rund 20’000 zusätzliche Vollzeitstellen schaffen wie im Bundesratsmodell, sondern deutlich mehr, weil Doppelverdiener steuerlich nicht mehr benachteiligt würden.
Alliance-F-Präsidentin Bertschy sagt dazu: «Im Gegensatz zum Vorschlag des Bundesrates würde eine modifizierte Individualbesteuerung viel bessere Beschäftigungseffekte auslösen. Die Autoren der Studie rechnen mit bis zu 60'000 Vollzeit-äquivalenten Arbeitskräften, die neu auf den Arbeitsmarkt drängen würden.» Es seien zum grössten Teil gut ausgebildete Frauen, die heute aus verschiedenen Gründen – unter anderem, weil es sich eben wegen dem Steuersystem nicht lohnt – zu Hause blieben.
Einverdiener-Familien würden benachteiligt
Allerdings würde das Modell dazu führen, dass Verheiratete in Haushalten, in denen nur eine Person einer ausserhäuslichen Tätigkeit nachgeht, deutlich mehr Steuern bezahlen müssten als heute. Profitieren würden also in erster Linie Haushalte mit Doppelverdienern. Im Parlament haben sich deshalb bisher SVP und CVP gegen die Individualbesteuerung gewehrt.
Bei der CVP hofft Bertschy jetzt aber auf ein Umdenken, wenn man zeigen könne, dass mit dem Modell mehr Stellen für Frauen geschaffen würden: «Ich glaube auch, dass die CVP bereit ist, diesen Schritt zu machen. Sie will die Heiratsstrafe abschaffen. Und wenn jetzt ein intelligenterer Vorschlag kommt, glaube ich nicht, dass sie sich dem verwehren wird.»
Die Diskussion über die richtige Besteuerung für Ehepaare startet diesen Donnerstag in der ständerätlichen Wirtschaftskommission.