Am Eigenmietwert hat sich das Parlament und das Schweizer Stimmvolk schon mehrmals die Zähne ausgebissen. Nun hat der Ständerat einen neuen Anlauf genommen und sich für die Abschaffung ausgesprochen. Hauseigentümer sollen nicht mehr länger fiktive Mieteinnahmen versteuern müssen. Linkspolitiker sehen die Hausbesitzer besser gestellt. Die Vizepräsidentin des Hauseigentümerverbands, Ständerätin Brigitte Häberli, widerspricht.
SRF News: Sind Sie gut im Basteln?
Brigitte Häberli: Ja, ich bin sehr kreativ.
Ständerat Christian Levrat hat heute im Rat gesagt, die ganze Vorlage zum Eigenmietwert sei eine «Bricolage» – ein Gebastel.
Das ist sie natürlich nicht. Es ist heute ein erster, wichtiger Schritt, um den Eigenmietwert abzuschaffen. Der Erstrat hat entschieden. Ich bin sehr zufrieden.
Aber das wird die Steuerzahler in Zukunft 1.7 Milliarden Franken pro Jahr kosten.
Diese Zahl ist mit dem heutigen Zinsumfeld berechnet. Sobald die Zinsen wieder etwas ansteigen – wir werden uns ja nicht ewig in diesem tiefen Zinsumfeld bewegen – wird das sogar zusätzliche Einnahmen geben. Ich bin zuversichtlich, dass diese Vorlage zumindest Haushalts-neutral ausgestaltet ist.
Bis jetzt hat der Eigenmietwert einen steuerlichen Ausgleich geschaffen zwischen den Hausbesitzern und den Mietern. Dieser Ausgleich würde nun wegfallen, die Hauseigentümer wären im Vorteil.
Bis jetzt mussten die Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer einen fiktiven Eigenmietwert ertragen, der in der Steuererklärung als Einkommen eingetragen wird. Vor allem für ältere Personen, die von der Rente leben, das Haus abbezahlt haben, ein Leben lang gespart haben, nicht mehr so viel investieren möchten, für sie ist die Last des Eigenmietwerts gewaltig.
Vor allem für ältere Personen ist die Last des Eigenmietwerts gewaltig.
Ich kenne Fälle, da mussten sie ihr Haus sogar verkaufen, weil sie wegen dem fiktiven Einkommen das Haus nicht mehr tragen konnten. Mit der Abschaffung dieses fiktiven Einkommens haben wir für diese Leute und auch für die anderen Eigentümerinnen und Eigentümer einen wichtigen Schritt getan.
Dieser Schritt wird aber nicht in erster Linie den Rentnerinnen und Rentnern zugutekommen, sondern den reichen Hausbesitzern. Diese werden mit der Lösung viel besser fahren als die weniger Begüterten.
Es gibt sicher solche, die besser gestellt sind. Aber die grosse Mehrheit – wir vertreten in unserem Verband 340'000 Hauseigentümer und Besitzer von Eigentumswohnungen – hat ein durchschnittliches Einkommen. Genau diese Leute entlasten wir nun. Sie haben gespart und ihr Eigentum mit harter Arbeit erreicht. Der Ständerat will dieses fiktive Einkommen, das es übrigens nur in der Schweiz gibt, jetzt abschaffen.
Sie möchten das abschaffen – mit Betonung auf «möchten». Ständerat Levrat hat auch von einer «Bricolage» gesprochen, weil das Risiko, dass die Vorlage scheitert – sei es im Nationalrat, sei es vor dem Volk – enorm hoch ist.
Das ist eine Herausforderung, das stimmt. Es ist noch nichts in trockenen Tüchern. Aber zumindest der Ständerat hat sich jetzt dafür ausgesprochen. Es gibt sicher noch verschiedene Punkte, die wir anschauen müssen. Aber die grosse Linie ist eingespurt. Ich bin zuversichtlich, dass wir in den weiteren Verhandlungen zusammen eine gute Lösung finden werden.
Das Gespräch führte Urs Leuthard.