- Während der Hochjagd im September erlegen die Jäger im Kanton Graubünden gegen 10'000 Tiere.
- Rund neun Prozent der Abschüsse erfolgen widerrechtlich. Betroffene Jägerinnen und Jäger werden gebüsst.
Zuständig für die Überprüfung der Abschüsse ist der Kanton. Das Bündner Amt für Jagd und Fischerei führt Statistik. Die Zahlen kommen von den Wildauswertungsstellen, wo die Jägerinnen und Jäger ihre Beute dem Wildhüter bringen, der die geschossenen Tiere kontrolliert.
Bis 500 Franken Busse
Die Jagd ist stark reglementiert. Es gibt Pläne, nach denen der Kanton die Abschusszahlen festlegt. Zudem gibt es viele Vorschriften, welche Tiere wann und wo geschossen werden dürfen. Die zahlreichen Jägerinnen und Jäger müssen sich an diese Vorgaben halten. Tun sie es nicht, werden sie mit einer Ordnungsbusse von bis zu 500 Franken belegt.
Dieses Verhalten wird kontrolliert, meistens auf einer Wildauswertungsstelle. In Klosters zum Beispiel ist diese im Schlachtlokal eingerichtet. Stefan Rauch, Wildhüter im Prättigau, leitet seit zwei Jahren den Jagdbezirk Herrschaft-Prättigau.
Vor ihm auf dem Boden des Schlachtlokals liegt eine Hirschkuh, die der Jäger am Vorabend geschossen hat. Zuerst fragt Rauch den Jäger nach dem genauen Abschussort, der genauen Abschusszeit und nach dem Schützen. Die Antworten tippt er in seinen Laptop.
Er kniet nieder zum toten Tier und schaut zuerst, ob die Hirschkuh ein gefülltes Euter hat. Ein Weibchen zu schiessen, das Junge hat, ist verboten. Hier ist das nicht der Fall. Rauch wirft einen Blick ins Maul des Tiers. Das Gebiss ist Indikator für das Alter. Demnach dürfte diese Hirschkuh siebenjährig geworden sein. Sie bringt 80 Kilogramm auf die Waage.
Stefan Rauch misst die Hinterbeine und den Unterkiefer. Seit Jahrzehnten beobachten die Wildhüter, ob sich die Population verändert. Diese Daten fliessen in die kantonale Jagdstatistik ein.
Die Kontrolle der Hirschkuh ist abgeschlossen. Rauch hat keine Einwände. Der Jäger hat nichts anderes erwartet und lädt das Tier wieder auf seinen Anhänger. Von der Kontrollstelle geht es jetzt direkt in die Metzgerei.
Die Hörner sind deutlich zu kurz und darum ist dieser Abschuss nicht erlaubt.
Die Arbeit geht weiter. In einer Ecke hängt ein kleiner Rehbock. Noch bevor Rauch diesen genau misst und die Daten erfasst, ist klar: Das war ein Fehlabschuss. Dieses Tier hätte nicht geschossen werden dürfen: «Die Hörner sind deutlich zu kurz und darum ist dieser Abschuss nicht erlaubt.»
Im falschen Moment den Abzug gezogen, das hat für den Jäger Konsequenzen: Die Trophäe wird entfernt, es gibt eine Ordnungsbusse von 150 Franken und obendrauf muss der Jäger das geschossene Tier noch dem Kanton abkaufen.
Wann ist ein Tier jagdbar? Es seien zwei Paar Schuhe, sich diese Frage im Schlachtlokal oder draussen auf dem Gelände zu stellen, sagt Stefan Rauch. «Draussen passieren Fehler. Hält der Jäger den ordentlichen Weg ein, meldet er seinen Fehler und weist seinen Fehlabschuss vor, dann ist das erledigt.»
Ausgekochter Unterkiefer
Wildhüter Stefan Rauch schätzt, dass von allen geschossenen Tieren rund jedes zehnte nicht hätte erlegt werden dürfen. Er stützt sich dabei auf den Durchschnittswert der vergangenen Jahre.
Die Jägerinnen und Jäger müssen ihre Rehe, Hirsche oder Gämsen in jedem Fall zeigen – entweder nach dem Abschuss oder Ende Oktober nach der Jagd. Für die Altersbestimmung können die ausgekochten Unterkiefer zur Kontrolle gebracht werden, zum Teil verlangt der Kanton auch das Geweih.