Er ist eine Kämpfernatur: Sei es bei seinem Lieblings-Kampfsport Taekwondo oder am Verhandlungstisch. Roberto Balzaretti hat viel rausgeholt bei den Verhandlungen mit der EU über das Rahmenabkommen. Dass er sich aber zusammen mit seinem Chef Bundesrat Ignazio Cassis auf Kompromisse beim Lohnschutz einliess, nahmen ihm Teile des Parlaments übel.
Cassis traf sich heute mit der EU/Efta-Delegation des Parlaments. Ob er sie über die Zukunft seines Chefunterhändlers informierte, ist nicht bekannt. Der «Tages-Anzeiger» machte heute publik, dass Balzaretti nicht mehr fürs EU-Dossier zuständig sein soll. Dies bestätigten auch mehrere Quellen aus dem Bunderats-nahen Umfeld gegenüber SRF.
Gut oder schlecht fürs Rahmenabkommen?
Die Meinungen in der EU/Efta-Delegation über die Absetzung Balzarettis gehen weit auseinander. «Es ist der Sache dienlich», findet etwa Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (CVP/BL). Es sei einfacher, mit einer neuen Person jetzt gegenüber der EU Präzisierungen beim Rahmenabkommen zu verlangen. Eher von einem schwierigen Signal an die EU spricht Nationalrat Eric Nussbaumer (SP/BL): «Wir haben immer die besten Leute in die Verhandlungen geschickt». Jetzt zu argumentieren, man habe noch bessere Verhandlungstalente, sei problematisch.
Eine neue Phase beginnt
Der Bundesrat setzt mit der Absetzung Balzarettis ein innenpolitisches Zeichen. Ein Zeichen, dass eine neue Phase beginnt bei den Verhandlungen mit der EU über ein Rahmenabkommen. Wie neu die Phase aber wirklich sein wird, muss sich erst noch zeigen.
Die meisten Beobachter im Bundeshaus gehen davon aus, dass der Bundesrat gegenüber der EU Präzisierungen in drei Punkten verlangen wird: Beim Lohnschutz, bei den staatlichen Beihilfen und bei der Unionsbürgerrichtlinie. Der Bundesrat wird aber kaum das Rahmenabkommen als ganzes infrage stellen, so wie das einzelne Parteien in den letzten Wochen gemacht haben.
Druck von allen Seiten
Cassis hat Balzaretti offenbar auch auf Druck anderer Bundesräte und Parteien geopfert – ist FDP-Aussenpolitiker Hans Peter Portmann überzeugt. Das gehe gar nicht. «Das ist eine Schwächung unseres Bundesrates», empört sich Portmann. «Ein Machtspiel, das unwürdig für unser Land ist».
Roberto Balzarettis neuer Arbeitsort soll offenbar die Schweizer Botschaft in Paris werden. Dort soll er Botschafterin Livia Leu ablösen. Leu soll eine Schlüsselfunktion im Aussendepartement erhalten. Die Beschlüsse dazu will der Bundesrat offenbar morgen an seiner Sitzung fällen.