Sommer 2015. Roberto Balzaretti, stellt sich kritischen Fragen des EU-Parlaments über das Ja zur Masseneinwanderung. «Ein Volksentscheid ist nie ein Problem. Es ist der demokratische Ausdruck des Willens der Bevölkerung», erklärte der damalige Botschafter der Schweiz in der EU den Kritikern in Brüssel.
Das sei eine schwierige Zeit gewesen, sagte Balzaretti vor drei Jahren. «Ich erinnere mich: In den ersten Wochen nach dem 9. Februar hiess es in Brüssel, die Schweiz hat ein Problem geschaffen, sie soll die Lösung bringen.» Seither habe man sich darauf geeinigt, gemeinsam eine Lösung zu finden.
Eine angespannte Ausgangslage
Heute sind die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU wieder angespannt. Brüssel macht Druck auf die Schweizer Börse und setzt die Schweiz auf eine graue Liste, um Fortschritt zu erzwingen.
Auf den grossgewachsenen Tessiner mit graumeliertem buschigem Haar kommen einige Herausforderungen zu.
Die Krönung einer steilen Karriere
Der Völkerrechtler wurde mit 39 Jahren diplomatischer Berater der damaligen Aussenministerin Micheline Calmy-Rey, mit 43 Generalsekretär des Aussendepartements, mit 47 Botschafter in Brüssel. Und jetzt, mit 53, wird Balzaretti Staatssekretär. Er wird Staatsekretärin Pascale Baeriswyl zur Seite gestellt, die bislang für die gesamte Aussen- und Sicherheitspolitik verantwortlich war.
Für seine neue Aufgabe wird der fünffache Familienvater viel Verhandlungsgeschick brauchen. Was einen guten Unterhändler ausmacht, beschrieb Balzaretti als Botschafter mit folgenden Worten: «Wenn man an den Verhandlungstisch geht, ist es wichtig, dass man vor allem weiss, was man will, welches die Stärken und die Schwächen der eigenen Position sind und diese hartnäckig vertritt und verteidigt.»
Als junger Stagiaire der Schweizer EU-Botschaft hatte Balzaretti das EU-Betrittsgesuch überreicht. Es wurde inzwischen zurückgezogen. Was er über einen EU-Beitritt denkt, sagt er nicht. In Interviews hat er das EWR-Nein als Fehler kritisiert.
Ein Neustart mit der EU
Das ist also der Mann, mit dem Bundesrat Ignazio Cassis seinen Neustart in den verfahrenen Verhandlungen mit der EU angehen will. Ob seine Ernennung frischen Wind in die Verhandlungen bringt, hängt davon ab, was Balzaretti für einen Auftrag erhält. Die Europapolitik wird derzeit vom Bundesrat neu definiert.
Klarheit sei wichtig, sagte er bereits als EU-Botschafter: «Die Diskussionen in der Schweiz sind für mich wichtig. Ich muss wissen, was ich der EU erzählen soll.» Das gilt auch für seine neue Aufgabe. Ab heute übernimmt Roberto Balzaretti die Koordination der gesamten Verhandlungen mit der Europäischen Union.