Der Bauernverband wählt deutliche Worte in der Kampagne gegen die Biodiversitäts-Initiative. Unnötig sei sie, sagt Präsident Markus Ritter. Die Erwartungen der Initianten seien in allen Forderungen extrem und abzulehnen.
«Nein zur extremen Biodiversitäts-Initiative», lautet denn auch der Slogan des Gegenkomitees. Am Wort «extrem» stört sich FDP-Nationalrat Matthias Jauslin massiv: «Wer den Text genau liest, kommt zum Schluss, dass sie genau das nicht ist.» Trotz Nein-Parole seiner Partei setzt er sich mit Überzeugung für die Biodiversitäts-Initiative ein.
Schon heute liegt der Selbstversorgungsgrad unter 50 Prozent. Damit sind Mitte Jahr die Lebensmittel gegessen, die wir selber produzieren können.
Markus Ritter und der Bauernverband befürchten, dass mit der Initiative deutlich mehr Landesfläche unter Schutz gestellt würde – mit Folgen für die Lebensmittelproduktion: «Schon heute liegt der Selbstversorgungsgrad unter 50 Prozent. Damit sind Mitte Jahr eigentlich die Lebensmittel gegessen, die wir selber produzieren können. Der Rest muss heute schon importiert werden.»
Das Gegenkomitee weibelt zugleich prominent mit der Aussage, dass 30 Prozent der Landesfläche unter Schutz gestellt würden. Im Initiativtext kommt die Zahl nicht vor. Dort steht lediglich, Bund und Kantone müssten zur Sicherung und Stärkung der Biodiversität die erforderlichen Flächen, Mittel und Instrumente zur Verfügung stellen.
Argumentiert das Gegenkomitee also mit einer erfundenen Zahl? Ritter wehrt sich gegen den Vorwurf: Pro Natura habe im letzten Dezember in einer Mitteilung gefordert, dass 30 Prozent der Landesfläche unter Schutz gestellt werden. Diese Mitteilung gibt es. Doch geht es darin nicht um die Biodiversitäts-Initiative, sondern um eine mögliche Umsetzung eines völkerrechtlichen Vertrags unter der UNO-Biodiversitäts-Konvention.
Aus der Luft gegriffen
Laut Jauslin sind diese 30 Prozent aus der Luft gegriffen. Behauptet werde das nur von Ritter und seiner Gefolgschaft. Der FDP-Politiker geht davon aus, dass auch bei der Umsetzung der Initiative auf ein konkretes Flächenziel verzichtet würde.
Das Gegenkomitee warnt aber nicht nur vor Folgen für die Landwirtschaft. Denn die Initiative will auch den Landschafts- und Denkmalschutz stärken. Daher habe sie auch Auswirkungen auf die Bautätigkeit und den Tourismus. Gebremst würde laut Ritter auch der Ausbau der erneuerbaren Energien.
Bei Beschwerden gegen konkrete Projekte würde dem Naturschutz wieder mehr Gewicht gegeben.
Als Co-Präsident der Allianz gegen die Initiative ist Ritter überzeugt: «Bei Beschwerden gegen konkrete Projekte würde dem Naturschutz wieder mehr Gewicht gegeben.» Die Gesetze würden dabei wohl nicht geändert. Aber die Möglichkeiten, Projekte zu verhindern, würden deutlich ausgebaut. Deshalb wehrt sich auch die Strombranche gegen die Initiative.
Es ist für mich unverständlich, dass sich hier vor allem die Strombarone auf den Standpunkt setzen, die Stromversorgungssicherheit wäre gefährdet.
Die Befürchteten seien unbegründet, entgegnet Jauslin. Denn beim Stromgesetz, das die erneuerbaren Energien fördern soll, habe man die Biodiversität bereits mitgedacht: «Es ist für mich unverständlich, dass sich hier vor allem die Strombarone mit dem VSE [Anm. d. Red.: Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen] auf den Standpunkt setzen, die Stromversorgungssicherheit wäre gefährdet. Das ist überhaupt nicht so. Darauf hat man geachtet.»
Die Initiative lasse Bund und Kantonen viel Handlungsspielraum bei der Umsetzung, sagt Jauslin. Tatsächlich ist die Initiative sehr allgemein formuliert. Doch die Initiative ist thematisch auch relativ breit, indem sie Biodiversität samt Landschafts- und Denkmalschutz stärken will. Entsprechend schürt sie Ängste vor negativen Konsequenzen in diversen Branchen.