Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider will keine Zeit verlieren. Am Montag eröffnete die Sozialministerin den Abstimmungskampf um die Reform der beruflichen Vorsorge. Die Schweiz wird im September über die BVG-Reform abstimmen. Die Modernisierung sei nötig, um die Renten auch in Zukunft zu sichern, sagte Baume-Schneider vor den Medien.
In der «Arena» streitet sich die Politik bereits knapp drei Monate vor dem Abstimmungstermin. Rund um die komplexe Vorlage steht vor allem eine Frage im Zentrum: Wer profitiert – und wer nicht? Für Kathrin Bertschy, GLP-Nationalrätin (BE) und Präsidentin des grössten schweizerischen Frauendachverbands Alliance F, profitieren genau die Richtigen: «nämlich Teilzeiterwerbende und Personen mit tiefen Einkommen, also hauptsächlich Frauen.» Jahrelang hätten Frauenorganisationen dafür gekämpft, dass Frauen in der zweiten Säule besser abgesichert werden, dieses Ziel sei mit der BVG-Reform erreicht.
Samira Marti, Co-Fraktionspräsidentin der SP, kämpft grundsätzlich Seite an Seite mit Bertschy für das Anliegen. Trotzdem warnt sie vor einem Ja zur Vorlage: «Die Reform bringt nur minimale Vorteile für Frauen.» Anstatt Probleme zu lösen, würde sie zu einem Rentenabbau führen.
«Die Pensionskassen schwimmen im Geld»
Kern der BVG-Reform ist die Senkung des sogenannten Umwandlungssatzes. Er bestimmt, wie viel jährliche Rente eine Person aus der Pensionskasse erhält. Laut Bund würden die Renten durch den angepassten Umwandlungssatz für rund ein Drittel der Versicherten sinken. Aus diesem Grund gibt es in der Vorlage Kompensationsmassnahmen. So wäre beispielsweise ein grösserer Teil des Lohns versichert, wodurch die Renten steigen sollen. Allerdings müssten Versicherte und Arbeitgeber unter Umständen höhere Lohnabzüge bezahlen.
Für die Mitte-Nationalrätin und Präsidentin des stadtzürcherischen Gewerbeverbands, Nicole Barandun, ist die Sicherung der Pensionskassen «ein Muss». Die Reform bringe grosse Vorteile – insbesondere für Teilzeiterwerbende und damit auch für Familien, in denen sich Elternteile die Betreuungsarbeit aufteilen würden, so Barandun.
Gabriela Medici, Leiterin Sozialpolitik beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund, betont indessen, dass die Ausgleichsmassnahmen die Renteneinbussen nicht kompensieren könnten. Zudem ist für sie und ihre Mitstreiterin Marti klar, dass die Senkung des Umwandlungssatzes gar nicht notwendig ist. «Die Pensionskassen schwimmen im Geld», so Medici. Als Befürworterinnen der BVG-Reform halten Barandun und Bertschy von diesem Argument wenig. Dass es den Pensionskassen gut geht, sei nämlich wichtig, da sie als «dritter Beitragszahler» stark sein müssten.
«Keine Reform hat nur Gewinnerinnen»
Ein Nein zur Reform an der Urne wäre für GLP-Nationalrätin Bertschy eine «einmalige, verpasste Chance». Sie fügt hinzu: «Keine Reform hat nur Gewinnerinnen.» Auch für Mitte-Nationalrätin Barandun ist die Vorlage ein «ausgewogener Kompromiss». Das linke Lager hingegen macht zum Schluss der «Arena»-Sendung klar, dass ein Scheitern der Reform kein Problem sei. Das Stimmvolk habe die Chance, die Vorlage zu korrigieren, um einen fairen Modernisierungsschritt zu machen, sagt etwa SP-Nationalrätin Marti.
Die Schweiz wird am 22. September über die BVG-Reform abstimmen.