In Schaffhausen endet an diesem Abstimmungssonntag ein jahrelanger Streit um die Politikfinanzierung. Bürgerliche Parteien müssen eine Niederlage verdauen, für linke Parteien ist es ein Freudentag.
«Umsetzungsinitiative» Transparenz bei Parteispenden
Kanton Schaffhausen: Volksinitiative zur Umsetzung der Transparenzinitiative
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JA
15'678 Stimmen
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NEIN
10'968 Stimmen
Die Umsetzungsinitiative von Juso, SP und Grünen obsiegt an der Urne deutlich. Sie sieht strengere Transparenzregeln in Gemeinden mit über 3000 Einwohnerinnen und Einwohnern vor. Bei Kampagnen über 3000 Franken müssen Parteien und Kandidierende ihre Spenden offenlegen. Dieses Anliegen hat die Stimmbevölkerung offenbar überzeugt.
Gegenvorschlag zur «Umsetzungsinitiative»
Kanton Schaffhausen: Teilrevision der Kantonsverfassung (Transparenzbestimmung)
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JA
12'324 Stimmen
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NEIN
13'473 Stimmen
Den Gegenvorschlag des Kantonsrats lehnt das Stimmvolk ab – über 52 Prozent der Stimmberechtigten sagen Nein dazu. Bürgerliche Parteien wollten nur allgemein formulierte Transparenzregeln in die Verfassung schreiben. Das Parlament und die Regierung hätten Präzisierungen ausarbeiten sollen.
Der Zoff nach der Sensation
Dem Abstimmungsresultat gingen harzige Ratsdebatten und Störmanöver voraus. Sogar das höchste Schweizer Gericht musste im Ringen um Transparenzregeln in Schaffhausen ein Machtwort sprechen.
Ursprünglich begann alles mit einer Sensation: Im Februar 2020 nahmen die Stimmberechtigten überraschend die Transparenzinitiative der Juso an. Doch die Bestimmung, dass alle Parteien Spenden und Beiträge offenlegen müssen, wurde bis heute nicht umgesetzt.
Das Volk fand, es müsse jetzt endlich vorwärtsgehen.
Stattdessen wollte das bürgerlich dominierte Parlament den Verfassungsartikel wieder streichen. Es gab einem FDP-Vorstoss den Vorrang, der eine Offenlegung der Parteibeiträge «mit Augenmass» forderte.
Die Linke war erzürnt. Sie sprach von einer «Verwässerungsstrategie», Machtpositionen würden schamlos ausgenutzt. SP, Grüne und Juso lancierten deshalb ihre Umsetzungsinitiative.
«Willen des Stimmvolks ignoriert»
2022 entschied das Kantonsparlament jedoch, das Volk solle nur über den FDP-Vorstoss abstimmen. Die Umsetzungsinitiative wäre für ungültig erklärt worden.
Die Leute sind nur neugierig, wer Geld spendet.
Doch das Bundesgericht rügte den Kantonsrat: Er habe den Willen des Stimmvolks ignoriert. Die ursprüngliche Transparenzinitiative sei zu respektieren. Deshalb kamen schliesslich die Umsetzungsinitiative und der FDP-Vorstoss als Gegenvorschlag zur Abstimmung.
Zufriedenheit und Frust
Dass fast 59 Prozent Ja zur Umsetzungsinitiative sagen, freut Matthias Freivogel: «Das Volk fand, es müsse jetzt endlich vorwärtsgehen», sagt der SP-Kantonsrat und Mitinitiant. «Das Abstimmungsresultat überrascht mich daher nicht.»
Das bürgerliche Lager wiederum zeigt sich enttäuscht. Der SVP-Kantonsrat Mariano Fioretti etwa sagt: «Die Leute sind nur neugierig, wer Geld spendet.» Dies sei aus seiner Sicht aber falsch. Wen man unterstütze, gehe niemanden etwas an.