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Dreimal Nein und einmal Ja Wenn das Volk anders tickt als seine Regierung

Wieder hat die Stimmbevölkerung an diesem Wochenende nicht so gestimmt, wie der Bundesrat es vorgeschlagen hat. Es ist nicht das erste Mal, dass die Bevölkerung Vorlagen anders beurteilt als die Landesregierung.

An der Diskussion nahmen teil:

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Marcel Dettling, SVP-Präsident

Thierry Burkart, FDP-Präsident

Gerhard Pfister, Mitte-Präsident

Cédric Wermuth, Co-Präsident der SP

Wie dieses Resultat zustande kam, diskutierten die Parteipräsidenten unter der Leitung von SRF-Bundeshausredaktorin Nathalie Christen. Die Interpretationen der Parteipräsidenten gingen zum Teil weit auseinander. Auch die Frage nach dem Wie weiter wurde sehr verschieden beantwortet.

Kein Autobahn-Ausbau

Bei der Ablehnung der Vorlage zum Autobahnausbau setzte SVP-Präsident Marcel Dettling einmal mehr einen Direktlink zum Thema Zuwanderung. Für ihn sagt das Nein der Bevölkerung, dass die Politik zuerst ihre «Hausaufgaben» machen soll, nämlich, etwas gegen die Zuwanderung zu unternehmen. Erst dann solle die Frage nach einem allfälligen Autobahn-Ausbau gestellt werden.

Verkürztes Nachtfahrverbot?

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Wenn nun die Autobahnen nicht ausgebaut werden, möchte FDP-Präsident Burkart das Nachtfahrverbot verkürzen. Denn sonst drohe den Städten in der Schweiz ein Versorgungsengpass. Ab vier Uhr morgens sollen die LKW fahren dürfen.

Marcel Dettling könnte sich mit diesem Gedanken anfreunden, Gerhard Pfister muss noch darüber nachdenken.

Doch für Cédric Wermuth hat die Bevölkerung mit dem heutigen Votum gesagt, sie wolle weniger Verkehr und Lärm. Es sei daher absurd, mit so einem Vorschlag zu kommen. Für den SP-Co-Präsidenten ist es unbestritten, dass die Autobahnen zum Transport von Gütern benutzt werden sollen. Damit die Privaten nicht die Autobahnen verstopfen, könnte man den ÖV verbilligen, schlägt Wermuth vor.

Für Gerhard Pfister war der abgelehnte Autobahnausbau eine verpasste Gelegenheit. Thierry Burkart schliesslich fand, dass das Volk das Auto mit diesem Entscheid unfair behandle: Es werde in der Schweiz sehr viel Geld in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs gesteckt, doch wenn es für einmal ums Auto gehe, dann sage das Volk Nein. Daran knüpfte Marcel Dettling später mit der Forderung nach einer Senkung der Mineralölsteuer an.

Cédric Wermuth hingegen verstand dieses Nein ganz anders, es zeige: «Wir wollen nicht zurück ins verkehrspolitische Mittelalter. Die Ablehnung der Vorlage ist ein historisches Debakel für einen Bundesrat, der von der SVP dominiert wird.» Das Volk habe andere Prioritäten, so Wermuth. Diese liegen nach ihm bei den Krankenkassenprämien und den hohen Mietzinsen.

Wermuth fand deutliche Worte für SVP-Bundesrat Albert Rösti, der der sich sehr stark für die Vorlage eingesetzt hat. «Das Stimmvolk hat mit der Ablehnung der Vorlage auch gezeigt, dass es Röstis politische Strategien ablehnt.»

Vorlage zur einheitlichen Finanzierung des Gesundheitswesens

Hier sind sich die vier Politiker im Grunde einig: Die Annahme zeige, dass die ständig steigenden Gesundheitskosten für die Bevölkerung ein grosses Problem seien. Thierry Burkart freut sich, dass endlich eine Reform im Gesundheitswesen gelungen ist. Man müsse nun weiter daran arbeiten, Fehlanreize zu minimieren. Es brauche, so der allgemeine Tenor, weitere Reformen.

Wermuth sagte, er freue sich für die SP-Bundesrätin, dass ihre Vorlage angenommen worden sei, auch wenn die Parteibasis eine andere Meinung vertreten hat. «Offenbar hat das Volk der SP-Bundesrätin in diesem Fall mehr Vertrauen geschenkt als der Parteibasis.»

Die Mietrechtsvorlagen

Für Wermuth zeigt das doppelte Nein bei den Mietrechtsvorlagen, dass «Schluss sein muss mit der Lobbypolitik in Bundesbern.» Das Stimmvolk habe den «perfiden Plan» der Immobilienlobbyisten durchschaut. Für Gerhard Pfister allerdings war es zu weit hergeholt, das heutige Votum als Votum gegen Lobbyisten zu verstehen.

Für Marcel Dettling ging es bei den Vorlagen nur um Sicherheit für die Hauseigentümer. «Hauseigentümer haben noch gewisse Rechte», und die wären bei Annahmen Vorlagen gestärkt worden.

Für Thierry Burkart ist nun eine Gesamtbetrachtung nötig. Nur Mieter gegen Vermieter auszuspielen, das sei zu einfach. Schuld an dem Mangel an Wohnraum sei die Bürokratie, die in den links regierten Städten eingeführt worden sei. «Bauen muss wieder einfacher werden.»

Präsidentenrunde Radio SRF und SRF 1, 24.11.2024, 17:05 Uhr; kobt

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