Es ist idyllisch am See zwischen Wädenswil und Richterswil. Hier führt ein Kiesweg direkt am Zürichsee entlang. Gleichzeitig wurde das Ufer renaturiert. Diese Schilfgebiete sind mit Zäunen abgeschirmt, damit Vögel und Wassertiere geschützt sind, etwa vor Hunden.
«Auch wenn hier viele Leute vorbeikommen, ist das kein Problem für die Natur – vorausgesetzt, alle wissen, was sich gehört», sagt Julia Gerber Rüegg. Sie wohnt in Wädenswil, war für die SP im Zürcher Kantonsrat und ist die Präsidentin des Komitees für die Uferinitiative.
Es ist das Recht aller, die Idylle direkt am See zu geniessen.
Die Initiative will in der Kantonsverfassung verankern, dass alle Ufer im Kanton Zürich für die Bevölkerung zugänglich sind und zugleich eine ökologische Aufwertung stattfindet. «Es ist das Recht aller, die Idylle direkt am See zu geniessen», sagt Julia Gerber Rüegg.
Direkt am See entlang zu spazieren, ist heute bereits auf knapp 26 Kilometern möglich, also fast der Hälfte des Zürichseeufers. Auf weiteren 12.4 Kilometern verläuft der Weg auf dem Trottoir der Seestrasse. Lücken bestehen laut der Unterlagen des Kantons Zürich auf 12.6 Kilometern.
Dort, wo Lücken sind, stehen primär Privathäuser direkt am Wasser. Es sei zumutbar, dass Villenbesitzerinnen für den Seeuferweg ein Stück Land abtreten würden, damit die Bevölkerung am See spazieren könne, sagt Julia Gerber Rüegg. Schliesslich handle es sich um Konzessionsland – also Land, das der Kanton abgegeben hat, oft mit der Bedingung, dass es für Nutzungen wie Strassen und Wege wieder zurückgegeben werden müsse.
Deswegen hätten die Landbesitzer keinen Anspruch auf Entschädigungen, argumentieren die Befürworter. Sie gehen davon aus, dass der durchgehende Seeuferweg bis 2050 nicht mehr als 100 Millionen Franken kosten werde.
Anders rechnet der Zürcher Regierungsrat. Er geht von rund 500 Millionen Franken Kosten aus – und zwar primär wegen der Entschädigungen für Besitzerinnen und Besitzer von Grundstücken. Die Regelungen zum Konzessionsland seien höchst unterschiedlich und die Verträge zum Teil 200 Jahre alt.
Der Eingriff in die Eigentumsgarantie und die hohen Kosten sind Gründe dafür, weshalb der Regierungsrat und die Mehrheit des Kantonsrats die Uferinitiative ablehnt.
Ein durchgehender Seeuferweg sei eine Zwängerei, sagt Domenik Ledergerber. Er ist Präsident der Zürcher SVP, Co-Präsident des Nein-Komitees und wohnt in Herrliberg. Gejoggt wird hier auf dem Trottoir der Seestrasse und Seezugang gibt es nur vereinzelt. Meist sieht man den See hinter hohen Mauern der Privatgrundstücke.
Grundstückbesitzer zu enteignen, ist unverhältnismässig.
«Natürlich wäre es schön, direkt am See spazieren zu können», sagt Ledergerber. «Aber dafür Grundstückbesitzer zu enteignen, ist unverhältnismässig.» Vielmehr müssten jene Orte aufgewertet werden, wo bereits Seezugang bestehe. Dafür habe der Kanton genügend Mittel, schliesslich stelle er bereits jedes Jahr sechs Millionen Franken bereit.
Zudem argumentieren auch die Gegnerinnen mit dem Naturschutz. Denn für einen Seeuferweg müsse zuerst alles zerstört werden, bevor es wieder aufgebaut würde. Auch seien Tiere und Pflanzen an den Ufern im Privatbesitz aktuell gut geschützt. Das würde sich ändern, wenn Horden von Freizeitausflüglern ihre Rückzugsgebiete am See störten.
Klar sei auch, dass primär die Gemeinden am See profitierten: «Wieso soll jemand aus dem Zürcher Ober- oder Unterland den reichen Seegemeinden einen so teuren Seeuferweg finanzieren?» fragt Domenik Ledergerber.