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13. AHV-Rente im Umfragehoch Die Linke hat den Sieg noch nicht in der Tasche

Der Vorsprung sieht komfortabel aus. Mehr als 60 Prozent wollen sicher oder eher Ja stimmen zur 13. AHV-Rente. Und es gibt Ja-Mehrheiten, wohin man schaut: Stadt, Land, Deutschschweiz, Westschweiz, links, rechts.

Die Initiative ist auch besser unterwegs als es frühere AHV-Initiativen zum gleichen Zeitpunkt vor dem Abstimmungssonntag waren, die dann verworfen wurden. Dazu passt: In letzter Zeit gewann die Linke mehrere Abstimmungen, bei denen es – auch wie hier – um Finanzen ging.

Einen Zustupf für die einfachen Leute

Sowohl die Reformen der Stempel- als auch der Verrechnungssteuer schickte das Volk bachab – unter anderem weil es keine Vorteile für das Portemonnaie des «Normalbürgers» sah. Diese Sichtweise, jetzt müsse man etwas für die einfachen Leute tun, spielt eine grosse Rolle bei der zurzeit deutlichen Zustimmung zur 13. AHV-Rente. Was kann da für die Initiantinnen und Initianten überhaupt noch schiefgehen?

Viel, denn Umfragen sind nur Momentaufnahmen, wie die Umfrageinstitute immer betonen. Momentaufnahme heisst, dass sich das Bild noch ändern kann. Und das wird man in beiden Lagern sehr wohl zur Kenntnis nehmen. Denn: Auch wenn die Zahl der noch gänzlich Unentschiedenen relativ klein ist, sind knapp 40 Prozent der Stimmberechtigten in ihrer Meinung noch nicht gefestigt.

Mobilisierung wird entscheidend

Für die bürgerlichen Gegnerinnen und Gegner einer 13. AHV-Rente heisst das: Es gibt im eigenen Lager noch Potenzial zu überzeugen und zu mobilisieren. Gerade bei der grossen SVP-Anhängerschaft könnte die Zahl der Nein-Stimmenden am Ende grösser sein als es heute aussieht. Von den Argumenten her scheint klar, womit sich auf der Nein-Seite am ehesten punkten lässt: Damit, dass die 13. AHV-Rente nur über höhere Steuern und Lohnabzüge zu haben wäre, was die Kaufkraft schmälern würde.

Es ist die logische Antwort auf das Paradeargument der Befürworterinnen und Befürworter, das ebenfalls die Kaufkraft ins Zentrum rückt. Es besagt, dass die 13. Rente nur der Ausgleich für die wegen Mieten und Krankenkassen gestiegenen Fixkosten sei.

Der unbekannte Faktor: das Ständemehr

Überzeugungsarbeit und Mobilisierung könnten die Mehrheiten also noch verändern. Und dann ist da noch eine Unbekannte: Das Ständemehr. Hier tappen die Demoskopen im Dunkeln. Zu dünn ist die Datenbasis, als dass man Aussagen zu den Mehrheitsverhältnissen in den einzelnen Kantonen machen könnte.

Die Umfrage zeigt aber, dass eine bedeutende Gruppe eigentlich bürgerlich eingestellter Menschen Sympathien für ein linkes Anliegen hat. Bei einer solchen Konstellation kann  es passieren, dass eine Initiative zwar das Volksmehr erreicht, aber am Ständemehr scheitert. Das hat sich bei der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative gezeigt.

Das Nein-Lager hat also noch Chancen – und das viel grössere Budget. Laut den von der Eidgenössischen Finanzkontrolle publizierten Zahlen verfügt das Nein-Lager mit dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse an der Spitze über dreieinhalb Millionen Franken, fast dreimal mehr als die Ja-Seite. Auch bei Volksabstimmungen gilt zwar: Geld ist nicht alles. Aber es hilft.

Curdin Vincenz

Bundeshausredaktor

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Curdin Vincenz arbeitet seit 1998 für SRF. Seit 2016 berichtet er über das Geschehen im Bundeshaus – mehr als fünf Jahre für das Radio und seit Juni 2022 für das Fernsehen. Zuvor war er unter anderem als Regionalkorrespondent in Zürich und als Moderator der Radiosendung «Rendez-vous» tätig. Er hat an der Universität Bern Geschichte und Politikwissenschaft studiert.

Heute Morgen, 26.01.2024, 6:00 Uhr

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