Das Ja zu einer 13. AHV-Rente ist mehr als ein Ja zu einer Volksinitiative der Gewerkschaften. Es ist ein historischer Entscheid: Es ist die erste sozialpolitische Initiative von links, die eine Mehrheit erreicht.
Ausserdem wird damit das Sozialwerk AHV ausgebaut, was nun rund fünf Jahrzehnte nicht mehr geschehen ist: Das Ja zur 13. AHV-Rente hebt die Renten um über acht Prozent an.
Interessant: Vor acht Jahren haben die Gewerkschaften mit der Initiative «AHV plus» ein Anheben um zehn Prozent gefordert und sind mit einem Nein-Anteil von knapp 60 Prozent deutlich gescheitert. Offenbar war für die Stimmbevölkerung jetzt der Zeitpunkt reif: in unsicheren Zeiten mit Blick auf steigende Lebenskosten.
Der Problemdruck war in der lateinischen Schweiz offenbar grösser als in der Deutschschweiz – in der Romandie und im Tessin hatten sich bereits im Vorfeld Ja-Mehrheiten abgezeichnet. Ein erstes Signal, das darauf hinwies, waren die abweichenden Parolen von bürgerlichen Parteien wie der SVP und FDP.
AHV 1979 letztmals angehoben
Letztmals wurden die AHV-Renten 1979 erhöht, als Kompromiss zwischen den linken und den bürgerlichen Kräften mit Blick auf die Einführung des Drei-Säulen-Modells in der Altersvorsorge. Fortan blieb der Anteil der Altersrenten bei je rund einem Drittel eines Durchschnittslohnes.
Die politischen Gräben blieben indes: Hier die politische Linke, welche die AHV als sozialste Altersvorsorge-Säule stärken wollte, dort die bürgerlichen Parteien, welche stets auf zweite und dritte Säule verwiesen.
Die Umfragen vor der aktuellen AHV-Abstimmung zeigten, dass als Argument für die Initiative just die zweite Säule überzeugend wirkte; dass nämlich eine 13. AHV-Rente den Zerfall der 2. Säule und die Rentenlücken der Frauen auffangen könnte. Erst an dritter Stelle überzeugte das Argument Kaufkraftverlust.
Die Linke wird den Schwung mitnehmen
Die politische Linke startet mit dem Abstimmungsresultat gestärkt in dieses Jahr, das noch zwei weitere wichtige sozialpolitische Abstimmungen bietet: Im Juni geht es um die Gesundheitskosten und die Krankenkassenprämien, in der zweiten Jahreshälfte wird die Stimmbevölkerung über die Reform der zweiten Säule abstimmen.
Hier haben sich die parteipolitischen Gräben bereits im Parlament geöffnet. Die Politik bleibt bei diesen Themen weiter gefordert.
Finanzierungsfrage aufgeschoben
Auch gefordert bleibt die Politik nach dem Ja zur 13. AHV-Rente in finanzpolitischen Fragen. Die 13. Rente wird rasch zu Mehrkosten in Höhe von vier bis fünf Milliarden Franken pro Jahr führen, ohne dass der Initiativtext vorgibt, woher das Geld dafür kommen soll.
Das hat die Stimmbevölkerung offenbar nicht abgeschreckt – trotz massiver Gegenkampagnen der bürgerlichen Parteien und der Wirtschaftsverbände.
Ob die Finanzierung über höhere Lohnbeiträge oder höhere Abgaben realisiert werden soll, kann nun der Bundesrat vorschlagen. Dieser übernimmt aktuell einen Fünftel der AHV-Ausgaben.
So werden am Ende wohl alle ihren Beitrag dazu leisten – auf die eine oder andere Art.