Freude bei der Linken, Frust bei der Rechten: Mit 74.7 Prozent Nein-Anteil scheitert die Initiative am Ständemehr. Doch im Jubel um das Ja der 13. AHV-Rente geht das deutliche Nein bei der Renteninitiative etwas unter.
Und doch: Die Berner SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen zeigt sich erfreut, dass eine Erhöhung des Rentenalters mit dem Entscheid der Stimmbevölkerung vom Tisch sei. Denn «eine generelle Rentenaltererhöhung würde die Falschen treffen.»
Das sagen auch die Jungsozialisten: «Hoffentlich auch für den Bundesrat», schreibt die Partei in einem Tweet. «Die Renteninitiative wurde brutal versenkt. Au.»
Das hofft auch Pirmin Bischof, Mitte-Ständerat aus Solothurn. Und er bezeichnet das deutliche Nein der Stimmbevölkerung zur Renteninitiative als «eigentliches Debakel» für die Initianten. Bischof kritisiert die Idee, Rentenaltererhöhungen automatisch in die Verfassung festzuschreiben, könnte sich aber eine Staffelung beim Renteneintrittsalter vorstellen.
Seitens der Parteileitung heisst es, mit der Erhöhung ihres Rentenalters hätten die Frauen ihren Beitrag zur Stabilisierung geleistet, wie die Partei in einer Mitteilung schreibt. Eine weitere Erhöhung lehnt die Partei ab und begrüsst das Nein zur Renteninitiative.
FDP und SVP: Thema bleibt aktuell
Umso grösser ist die Resignation beim Initiativkomitee. FDP-Parteipräsident Thierry Burkart wird deutlich: «Wir sind enttäuscht über das Resultat – wir hätten uns mehr Zustimmung erhofft», sagt er zur überaus deutlichen Abfuhr der Renteninitiative durch das Stimmvolk.
Allerdings werde das Thema der zukünftigen Rentenfinanzierung aktuell bleiben. Er sieht künftige Revisionen in Richtung einer Lebensarbeitszeit, aber mehr Beitragsjahre als heute. «Sonst werden wir die Altersvorsorge nicht mehr finanzieren können», ist Burkart überzeugt.
Für SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr ist das Abstimmungsresultat auch eine vertane Chance, um grundsätzliche Reformen der AHV anzustossen. «Die Rentenerhöhung ist damit nicht vom Tisch, wir werden noch schneller als erwartet Sanierungsmassnahmen ins Auge fassen müssen.»
Jetzt sind neue Lösungsansätze gefragt.
Ähnlich sieht das Yannick Berner, Vorstandsmitglied vom Verband der Schweizer Tech-Industrie Swissmem. Er spricht von einer verpassten Chance, denn die Schweiz habe demografische Probleme. «Wir haben immer mehr ältere Menschen und immer weniger junge, die die älteren finanzieren müssen.»
In Kombination mit der zukünftigen 13. AHV-Rente kämen Finanzierungsprobleme auf die Schweiz zu. «Jetzt sind neue Lösungsansätze gefragt.» Dabei könne es nicht sein, dass dies auf Kosten der Wirtschaft und Arbeitnehmenden geschehe.
«Erhöhung des Rentenalters wird kommen»
Ins gleiche Horn bläst Monika Rühl, Direktorin vom Wirtschaftsverband Economiesuisse: «Mir tut es leid um die Jungen.» Es seien junge Leute gewesen, die die Initiative lanciert hätten, weil sie sich um ihre Altersvorsorge gesorgt hätten. «Wir müssen uns der Frage stellen.»
Denn eine Erhöhung des Rentenalters werde kommen – wenn nicht über eine Initiative, dann über einen anderen Weg. «Wir müssen die AHV finanzieren können.»