Am 3. März entscheiden die Stimmberechtigten über die Renteninitiative der Jungfreisinnigen. Müssen wir länger arbeiten, weil wir länger leben? Das diskutiert Barbara Lüthi mit ihren Gästen im «Club».
Der Gastwirt
Giovanni Dietschi betreibt sein kleines Ristorante in Valcolla, einer kleinen Ortschaft oberhalb von Lugano. Er ist 89 Jahre alt. «Die Beiz ist für mich ein Sechser im Lotto.» Nach 65 Jahren in der Hotellerie freue er sich immer noch jeden Tag, seine Gäste zu bewirten. Wer körperlich fit sei, der solle über das jetzige Rentenalter hinaus arbeiten, sagt er.
Ich habe keinen Moment über meine Pensionierung nachgedacht.
Das Restaurant hat er mit seiner Frau Caterina 1986 eröffnet. Ihre Küche war damals berühmt, wurde sogar im Guide Michelin aufgeführt. Vor elf Jahren ist seine Frau an Krebs gestorben. Seither mache Giovanni Dietschi allein weiter.
Er habe Glück, seine Gesundheit sei sehr gut. Pensionierung mit 65 – das war bei ihm nie ein Thema. «Solange ich das machen kann, mache ich das. Ich habe keinen Moment über meine Pensionierung nachgedacht.»
Die Pflegefachfrau
Sieben Jahre vor ihrer Pensionierung hat Sandra Kappel die Kündigung eingereicht. Sie arbeitet als Pflegefachfrau bei der Spitex. «So sinnig und manchmal auch schön ich meinen Beruf immer noch finde, es wird mir einfach zu viel», sagt sie. Vor allem körperlich, aber auch psychisch sei ihr Alltag sehr belastend.
Ich kann nicht mehr.
Seit 37 Jahren arbeitet sie in der Pflege: zuerst im Spital, jetzt bei der Spitex. Sie könne es sich schlichtweg nicht vorstellen, diese Arbeit acht weitere Jahre zu machen. Jetzt hält sie Ausschau nach etwas Neuem.
Kappel ist gegen eine generelle Erhöhung des Rentenalters. «Man muss doch schauen, was für einen Job jemand macht.» In der Pflege könnten sich viele schlichtweg nicht vorstellen, länger zu arbeiten.
Die Mediatorin & Projektleiterin
Mit 65 liess sich Maya Bertossa pensionieren. Drei Monate später kam eine Anfrage für ein neues Projekt. Bertossa hat keinen Moment gezögert. «Ich arbeite gerne mit Menschen zusammen. Es macht mir jeden Tag aufs Neue Spass, etwas zu lernen – warum sollte ich aufhören?»
Meine Arbeit macht mir jeden Tag Spass.
Bis 69 hat die Mutter von zwei Kindern weiter als Projektleiterin gearbeitet. Seit zwei Jahren ist sie in einem kleinen Pensum in einem Start-up angestellt, unterstützt Firmen im Projektmanagement. Daneben arbeitet sie selbstständig als Mediatorin und engagiert sich in der Schulpflege Schwerzenbach.
Sie habe sich schon immer mit ihrer Arbeit identifiziert. «So bin ich immer am Puls der Zeit, lerne von den Jungen.» Verschiedene Generationen müssten voneinander profitieren. Maya Bertossa setzt sich öffentlich für die Renteninitiative ein. «Es soll auch noch für die nächste Generation eine Rente geben.»
Der Polier
Für Peter Leuenberger sei Bauarbeiter immer ein Traumberuf gewesen. «Du bist immer an der frischen Luft.» Schon sein ganzes Leben hat der Berner auf Baustellen verbracht. Angefangen in der Schulzeit, wo er sein erstes Sackgeld verdiente. Später in der Lehre und zuletzt als Polier.
Mit 50 gehörst du auf dem Bau einfach zum alten Eisen.
Mit 45 habe er erste körperliche Probleme bemerkt. Rückenschmerzen, Gelenkschmerzen – plötzlich habe es gezwickt. «Mit 50 gehörst du auf dem Bau einfach zum alten Eisen.» Darum würden viele in diesem Alter entlassen und hätten dann Schwierigkeiten, nochmals eine Stelle zu finden.
Er selbst sei dank des FAR (Flexibler Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe) seit fünf Jahren Teilrentner. Ein paar Tage im Monat arbeitet er noch auf dem Bau. Mehr sei nicht mehr möglich.