Letzten September gab der Kanton Appenzell Ausserrhoden bekannt, dass Alfred Stricker als Regierungsrat per Ende Mai zurücktritt. In diesem Jahr erreicht der Parteiunabhängige das Pensionsalter.
Zweitgrösste Fraktion im Kantonsrat
Für die Nachfolge gibt es zwei Kandidatinnen. Sowohl Barbara Giger als auch Susann Metzger gehören keiner Partei an. Das ist in Ausserrhoden gang und gäbe. Die Parteiunabhängigen (PU) haben im Kantonsrat eine eigene Fraktion. Mit 15 Mitgliedern im 65-köpfigen Kantonsrat ist die PU die zweitgrösste Fraktion nach der FDP mit 21 Mitgliedern.
Fehlen die Parteifarben, sind die Wählerinnen und Wähler gefordert. Es braucht mehr Zeit, die Positionen der Kandidatinnen kennenzulernen.
Positionen der Kandidatinnen
Susann Metzger sagt: «Wir diskutieren breit und studieren Geschäfte seriös. Dann stehe ich hin und sage meine Meinung. Ich verstecke mich nicht hinter einem Parteimäntelchen.»
Die beiden Kandidatinnen im Interview
Barbara Giger sagt: «Ich bekenne mich klar zu bürgerlichen Werten. Darum gibt es auch klar diese Ausrichtung, dass ich sage: ‹Ich politisiere klar im rechten Spektrum, von der Mitte an nach rechts›.»
Es hat vielleicht damit zu tun, dass Appenzell Ausserrhoden ein Einparteien-Kanton war.
Politologe Patrick Emmenegger von der Universität St. Gallen sagt, es sei einzigartig, dass viele unabhängig einer Partei politisieren: «Es hat vielleicht damit zu tun, dass Appenzell Ausserrhoden ein Einparteien-Kanton war. Neben der dominanten FDP tat sich eine Lücke auf.»
Es könne auch mit den starken Identitäten der drei Bezirke oder den kleinen Wahlkreisen zu tun haben. «Mittlerweile haben die Parteiunabhängigen auch eine lange Tradition. Das hat dazu geführt, dass sie sich organisiert haben als Verein, als Gruppe, mit einer Charta», sagt Emmenegger.
Aus dem Parlament gibt es allerdings auch Kritik. Die Parteiunabhängigen könnten zwischen links und rechts alles sein, sagt SVP-Kantonsrat Renzo Andreani: «Ich persönlich finde das nicht geschickt. Man könnte sagen, es sei Wischiwaschi. Sie picken sich das raus, was ihnen passt. Deshalb ist es unberechenbar, habe ich den Eindruck.»
Wenn jemand in einer Partei sei, stehe man auch für einen Inhalt, habe klare Werte, so Andreani weiter: «Bei den Parteiunabhängigen kann man jemand nur zuordnen, wenn man ihn schon jahrelang kennt. Aber für die Bevölkerung ist es nicht ganz lesbar.»
Wischiwaschi oder grösserer Fundus?
Peter Gut, seit 18 Jahren im Kantonsrat und im PU-Vorstand, wehrt sich gegen den Wischiwaschi-Vorwurf: «Wer es einfach will, sollte sowieso nicht in die Politik gehen. Politik ist die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen, mit Fragen des Zeitgeistes, des Handlungsbedarfs oder von Notwendigkeiten.»
Guts persönliche Überzeugung: «Je mehr Meinungen, desto grösser der Fundus an möglichen Lösungsansätzen.» Da spreche er wohl für alle Unabhängigen. «Das finde ich ungemein spannend. Ich brauche niemanden aus Bern, der mir eine Meinung vorgibt.»
Zurück zu den Kandidatinnen: Beide betonen, dass sie nicht unabhängig seien, um in Ausserrhoden möglichst viele Stimmen zu erzielen. Und beide würden bei einer Wahl wohl zur PU gehören – Susann Metzger ist bereits Teil der Kantonsratsfraktion. Aber auch Barbara Giger tönte bereits an, sich im Falle einer Wahl dem Verein der Parteiunabhängigen anschliessen zu wollen.