In den Medien atmet Europa hörbar auf. Dass die Durchsetzungs-Initiative der SVP Schiffbruch erlitten hat, wird allenthalben mit Erleichterung und Anerkennung aufgenommen. Der Tenor der Berichterstattung: Die SVP habe mit der Initiative den Bogen überspannt und die Quittung erhalten.
Bereits kurz nach Bekanntwerden des Ergebnisses äusserten sich Politiker und andere öffentliche Personen in den sozialen Medien. Allen voran der deutsche Justizminister Heiko Maas (SPD).
Maas bekundet seine Meinung, wonach die Schweizer eindrucksvoll gezeigt haben, dass es eben zwischen Stammtischparolen und Volkes Meinung einen Unterschied gibt.
Sieg der Schweizer Demokratie
Bejubelt wird aber nicht nur die Weitsicht von denen, die Maas als das Volk bezeichnet. Die «Welt» und andere Medien loben das Ausmass der zivilgesellschaftlichen Mobilisierung, nachdem sich Wochen zuvor ein Ja zur Initiative abgezeichnet hat. Die SVP hätte sich schlicht und ergreifend verschätzt, schreibt die «Welt».
Daneben hat der Korrespondent aber auch kritische Töne parat. Er schreibt, die Gegner der Initiative hätten mit der Hakenkreuz-Kampagne am Zürcher Hauptbahnhof die Grenze politisch adäquater Kommunikation überschritten. Für andere bleibt das ein Nebenschauplatz.
«Kein Abonnement auf den Volkswillen»
Für die «Süddeutsche Zeitung» ist ihrem südlichen Nachbarn gar eine kleine Sensation gelungen. Noch vor wenigen Wochen sei der Vorschlag, Ausländer wegen Bagatelldelikten abzuschieben, überall auf eine breite Zustimmung gestossen. Jetzt hätten die Schweizer den Angriff auf ihre demokratische Verfassung erkannt und sich konsequent zur Wehr gesetzt.
Das Signal sei deutlich, schreibt die Zeitung. Es lohne sich zu argumentieren. Die Populisten hätten kein Abonnement auf den Volkswillen. Etwas nüchterner handelt die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» das Abstimmungsegebnis ab.
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Fakten plus ein bisschen Häme
Im Zentrum stehen die Fakten zur verworfenen Initiative. Und auf seiner Webseite erinnert das Blatt daran, dass die Schweiz trotz Ablehnung der Initiative ein scharfes Ausländerrecht bekomme. Und auch das Politmagazin «Der Spiegel» nimmt sich der Faktenlage an.
Das Blatt führt seinen Lesern vor Augen, was die Durchsetzungsinitiative bei einer Annahme bedeutet hätte. In der Schweiz wohnhafte kriminelle Ausländer wären automatisch abgeschoben worden. Und das Magazin weist darauf hin, dass ein Viertel der Schweizer Bevölkerung nicht über die Schweizer Staatsbürgerschaft verfüge.
Mobilisierung gegen juristische «Exzesse»
Als «herbe Niederlage für die SVP um ihren Vordenker Christoph Blocher» bezeichnet der österreichische «Standard» das Votum des Schweizer Volks. Das Blatt verweist auf die Mobilisierung namentlich in den grossen Städten. Die Stimmbeteiligung habe mit 62 Prozent den vierthöchsten Wert bei Volksbefragungen erreicht.
Stolz über diese Mobilisierung äusserten nicht nur grosse Medien. Auch Edward Snowden, der bekannteste Whistleblower der Welt, liess es sich nicht nehmen, sich auf Twitter zu äussern.
Er sei «stolz auf die Schweiz», schrieb der NSA-Enthüller Edward Snowden, die direkte Demokratie habe über die Fremdenfeindlichkeit gesiegt. In ein ähnliches Horn stossen auch die Medien aus den romanischen Ländern.
Die Ablehnung der Initiative bedeute für die SVP einen herben Rückschlag, schreibt die französische «Libération». Die Partei habe doch in der Vergangenheit mit dem Thema Immigration stets punkten können. Die Gegner der Initiative hätten die juristischen Exzesse bei einer Annahme der Vorlage erfolgreich thematisiert. Ihre Kampagne habe die Wende herbeigeführt.
Gleiches schreibt auch die spanische Tageszeitung «El Pais». Wäre die Initiative angenommen worden, wären die Immigranten ohne Schweizer Pass zu Bürgern zweiter Klasse degradiert worden. Bereits bei kleinen Delikten wären die Delinquenten des Landes verwiesen worden.
Italiens Medien schweigen
Überraschend anteilnahmslos ist die mediale Reaktion in Italien ausgefallen. Weder der grossen italienischen Tageszeitungen «Corriere della Sera» noch der «Repubblica» ist die Abstimmung in der Schweiz bislang eine Zeile wert gewesen.