Die Basis der SVP bleibt sich treu. Die Gold-Initiative ist nach ihrem pragmatischen Geschmack. Gemäss der ersten SRG-Trendumfrage wollen 70 Prozent der SVP-Anhänger am 30. November ein Ja in die Urne legen. Eine deutliche Mehrheit der Kantonalparteien empfiehlt die Gold-Initiative denn auch zur Annahme. Ganz anders sieht das die Spitze der Partei.
Der Zentralvorstand der SVP Schweiz fasste mit 35 zu 34 Stimmen die Nein-Parole. Und im Parlament hatte sich weniger als die Hälfte der SVP-Fraktion für die Initiative ausgesprochen.
Bei Wirtschaftsthemen gibt es häufig einen Spalt in der SVP.
Dieser Meinungsgraben mag SVP-Gegner auf den ersten Blick mit Häme erfüllen. Für den Experten ist sie schon fast Programm. Ein Flügel der Partei sagt «Hüst» der andere «Hott». Vor allem bei Wirtschaftsfragen. Da gäbe es eine klassisch bürgerliche Haltung, analysiert der Politologe Michael Hermann, und eine ländlich wirtschaftsfeindliche.
Bei Themen wie Asyl oder EU ist die SVP sehr geschlossen. «Aber bei Wirtschaftsthemen gibt es häufig einen Spalt in der SVP», erklärt Hermann. Das sei bei der Abzocker-Initiative so gewesen, und zeige sich nun auch wieder bei der Gold- und der Ecopop-Initiative. Ein halbes Dutzend Kantonalparteien empfehlen gleich beide Initiativen zur Annahme – und weichen damit von der Haltung der SVP Schweiz ab.
Ein Grund dafür sei, dass die SVP vor allem mit Themen wie Migration oder dem Verhältnis zur EU bei den Wählern punkte, während sie Wirtschaftsthemen weniger hoch hänge.
Die stete «Verteufelung von Konsens und von Zurückhaltung», welche die SVP-Spitze beispielsweise bei der Europapolitik und bei Asylthemen propagiere, werde von der Basis eben auch bei Wirtschaftsthemen durchgezogen. Ein Führungsproblem?
Hier widerspricht der Politologe. «Es ist schwierig, den Leuten zu sagen, bei Asyl und Europapolitik gehen wir auf tutti, bei anderen Themen aber nicht», sagt Hermann. Das sei aber kein «Führungsvakuum», wie das seinerzeit alt Bundesrat Adolf Ogi diagnostiziert hatte.
Der Weg der Ecopop-Initiative ist falsch
Ähnlich sieht das auch der Präsident der Volkspartei und gibt sich gelassen. Der Spagat von Basis und Parteispitze sei «absolut kein Problem», sagte SVP-Präsident Toni Brunner. Er verweist darauf, dass die Gold-Initiative von SVP-Exponenten lanciert wurde und der Entscheid im Zentralvorstand für die Ja-Parole hauchdünn fiel. «Die Gold-Initiative wirft legitime Fragen auf, und man kann zu unterschiedlichen Antworten kommen.» Anders bei der Ecopop-Initiative.
Da sei die Nein-Parole der SVP Schweiz grossmehrheitlich gefasst worden; das widerspiegle sich nun auch bei den Parolen der Kantonalsektionen. «Wir wollen die Zuwanderung reduzieren, aber den Weg, den die Ecopop-Initiative fordert, ist falsch», betont Brunner. «Das geben wir den Sektionen mit.»
Ganz an ihm vorüber geht der offene Zwiespalt dennoch nicht.
Gegenüber der Basis muss man auch mal eine andere Position einnehmen.
«Bei Wirtschaftsthemen ist die Führungsriege oft pointierter als die eigene Basis», räumt Brunner ein.
Die SVP stehe für eine wirtschaftsliberale und unternehmerfreundliche Politik ein. Man müsse der eigenen Basis daher auch mitteilen, wenn bei einer Volksinitiative Schwächen festgestellt werden. «Das bedingt, dass man gegenüber der eigenen Basis auch mal hin stehen muss und eine andere Position einnimmt», schliesst Brunner.
Die SVP-Basis hat kaum eine Wahl
Durch einen solchen ideologischen Graben dürften die Bande innerhalb der Partei eigentlich nicht halten. Tun sie aber doch, und mehr noch: Diese Uneinigkeit bei Wirtschaftsthemen hat der SVP bislang nicht einmal geschadet. Für den Politologen Hermann sind auch hier die Gründe klar.
Immer wieder könne die Partei den Blick der Basis auf Anliegen einer parteilich unangefochtenen Meinungsbildung lenken. Themen wie die Zuwanderung oder alles, was nach EU riecht.
Zudem gebe es wenig Konkurrenz für die SVP. Die Schweizer Demokraten hätten zwar versucht, der SVP das Wasser abzugraben, indem sie in Wirtschaftsfragen eine weniger wirtschaftsfreundliche Haltung fahren. «Doch das hat bislang nicht gefruchtet.»
Bisher gelingt der SVP dieser Spagat: «Bei der Basis gibt es eine hohe Bereitschaft, der SVP anzugehören, auch wenn diese wirtschaftsfreundlich auftritt. Und bei der Wirtschaft gibt es eine hohe Bereitschaft, mit der SVP zusammenzuarbeiten – trotz der teils wirtschaftsfeindlichen Haltung der Basis», sagt Hermann.
Man darf gespannt sein, was mit der SVP-Basis passieren würde, wenn die Partei dereinst Konkurrenz erhalten sollte, von einer Partei mit bürgerlichen Migrations-Positionen und einer wirtschaftsfeindlichen Haltung.