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Einheitskasse Nein zur Einheitskasse: «Das war kein klassischer Röstigaben»

Das Volk will am System mit mehreren privaten Krankenkassen festhalten. Die Initiative «Für eine öffentliche Krankenkasse» scheitert am Volks- wie auch am Ständemehr. Politologe Claude Longchamp meint: «Man ist offenbar zufrieden, mit dem was man hat.»

Mehrwertsteuerinitiative

Eidg. Vorlage: Initiative «Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes!»

  • JA

    28.5%

    685'022 Stimmen

  • NEIN

    71.5%

    1'718'239 Stimmen

Standesstimmen

  • JA

    0.0

  • NEIN

    23.0

Öffentliche Krankenkasse

Eidg. Vorlage: Initiative «Für eine öffentliche Krankenkasse»

  • JA

    38.1%

    932'177 Stimmen

  • NEIN

    61.9%

    1'512'496 Stimmen

Standesstimmen

  • JA

    4.0

  • NEIN

    19.0

Die Initiative «Für eine öffentliche Krankenkasse» ist definitiv gescheitert. 19 Kantone sagen Nein. Zudem stimmten fast zwei Drittel der Stimmberechtigten Nein zur Einheitskasse, nämlich 61,9 Prozent. So das Schlussresultat.

Absolut gesehen lehnten 1'512'496 Menschen die die Initiative ab. 932'177 legten ein Ja in die Urne. Auf Zustimmung stiess das Anliegen einzig in den Westschweizer Kantonen Genf, Waadt, Neuenburg und Jura.

Knapp war das Nein in Freiburg: 50,3 Prozent waren gegen die Einheitskasse. Dagegen sagen die Tessiner klarer nein, mit 55,6 Prozent. Am deutlichsten verworfen wurde sie im Kanton Appenzell-Innerrhoden mit 81,7 Prozent Nein-Stimmen. Auch in Nidwalden, Obwalden, Schwyz, und Zug lag der Nein-Stimmen-Anteil bei über 75 Prozent.

Je höher die Prämien, desto mehr Ja-Stimmen

Ein Röschtigraben? «Kein perfekter», sagt Politikwissenschafter Claude Longchamp vom gfs.bern. Es fehle der Kanton Freiburg und das Wallis. Man könne aber sagen: «Diese Vorlage wurde in den verschiedenen Sprachregionen unterschiedlich gelesen.»

Doch ausschlaggebend waren andere Gründe, analysiert Longchamp. Der wichtigste Punkt: Die Höhe der Krankenkassen-Prämien in den einzelnen Kantonen.

Dort, wo die Prämienlast hoch ist, war die Bereitschaft zu einem Wechsel des Systems höher, als in Kantonen mit tieferen Prämien. «Für die Deutschschweiz stimmt diese Übereinstimmung sehr genau. Für die Westschweiz stimmt das plus-minus», so der Politologe.

Weiterer Faktor: Einkommensverteilung

Es gebe aber noch weitere Erklärungen. Besonders bemerkenswert: Je höher der Anteil Menschen mit unterdurchschnittlichem Einkommen in einem Kanton, desto höher die Bereitschaft zu einem Systemwechsel.

BFS

Zusammengefasst lassen sich die Resultate in den Kantonen so lesen: Was vordergründig nach einem Röstigraben ausschaut, ist eigentlich ein Zeichen für die Prämienlast in einem Kanton und für den Anteil Menschen mit unterdurchschnittlichem Einkommen.

Zufriedenheit über KVG überwiegt

Longchamp hält in einem kleinen historischen Rückblick fest: Vor 20 Jahren wurde das neue Krankenversicherungsgesetz (KVG) angenommen – denkbar knapp. Seither stelle man bei zahlreichen Umfragen fest: «Die Zufriedenheit über die Folgen des neuen KVG ist gestiegen; wir haben eine bessere, eine geregeltere Versorgung.»

Das Problem sei: Das System sei relativ teuer. Sparbemühungen gelangen bisher nicht – weder staatliche noch private. Hinzu kommt: Sämtliche Vorschläge zu Änderungen am Krankenkassen-Wesen – abgesehen vom Ja zur Komplementärmedizin – seien in den 20 Jahren des KVG gescheitert – egal aus welcher Ecke sie kamen, sagt Longchamp.

Somit scheint klar: «Man ist zufrieden mit dem, was man hat. Es gibt Ängste, dass die Leistungen vermindert werden könnten. Darum bleibt es beim Status quo.»

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