Zweimal pro Woche kommt es in der Schweiz zu homophoben Hassdelikten. Mindestens. Das sagt die Schwulenorganisation «Pink Cross». Betroffen seien Homosexuelle wie auch Transmenschen oder Intersexuelle. So etwa im Rahmen der Zürich Pride im Juni: Damals gab es mindestens drei Übergriffe auf Homosexuelle. Oder im Mai als junge Männer auf LGBT-Aktivisten losgingen und deren Aktionsstand zerstörten. Erst kürzlich wurden zwei Schwule im Zürcher Niederdorf verprügelt, weil sie sich geküsst hatten.
In den offiziellen Statistiken der Behörden werden diese Verbrechen behandelt wie andere Fälle auch. Der Nationalrat will, dass diese Delikte nun speziell ausgewiesen werden. Er hat als einen seiner letzten Beschlüsse eine Motion von Rosmarie Quadranti (BDP/ZH) knapp angenommen. Die statistische Erhebung sei notwendig, um das Problem zu belegen und schlussendlich lösen zu können, sagt die Motionärin.
LGBTI-Verbände feiern Teilsieg
Aufatmen bei den Schwulen-, Lesben- und Transgenderverbänden: Mit der Annahme der Motion sei man der Umsetzung eines langjährigen Anliegens einen Schritt nähergekommen – ein Teilsieg. Denn: Das Ausmass der Übergriffe aufgrund der sexuellen Identität sei nicht bekannt. «Und darum ist es so wichtig, dass wir mehr darüber erfahren. Wir sind sehr froh, dass der Nationalrat die Motion angenommen hat», sagt Florian Vock, Vorstandsmitglied von «Pink Cross». «Erst wenn diese Daten registriert werden, können wir sagen, was passiert, wo es passiert, wen es trifft und was man tun kann, um es zu verhindern.»
Noch ist die Angelegenheit nicht in trockenen Tüchern. Auch der Ständerat muss der Vorlage zustimmen, damit der Bundesrat mit der Ausarbeitung eines Gesetzes beauftragt werden kann. Dieser hatte eine Ablehnung der Motion empfohlen, da die Antirassismus-Strafnorm möglicherweise auf Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ausgeweitet werde. So könnten diese Delikte dann in der Kriminalstatistik ausgewiesen werden. Auch bezüglich der Umsetzung hat der Bundesrat Bedenken.
In der Umsetzung liegt der Knackpunkt
Diese Bedenken teilt die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten KKPKS. Die sexuelle Orientierung oder etwa Religion seien höchstpersönliche, schützenswerte Personendaten. «Dass Polizistinnen und Polizisten diese erfragen und dokumentieren müssten, erachtet die KKPKS als heikel», teilt diese in einer Stellungnahme mit. Verlässliche Angaben zu den Tatmotiven könnten oft erst im Rahmen der Gerichtsverfahren gemacht werden und nicht bereits im Stadium der polizeilichen Fallbearbeitung.
Für Florian Vock eine unzulässige Argumentation: «Die Polizei registriert viele Daten, wenn wir eine Anzeige machen. Ich finde es wichtig, auch mögliche Gründe für Gewalt zu registrieren. Und es ist einfach so, dass Homophobie ein Grund für Gewalt ist.»