Brigitte Hauser-Süess hat in den letzten 25 Jahren insgesamt vier Bundesrätinnen und einen Bundesrat (Metzler, Blocher, Widmer-Schlumpf, Leuthard und Amherd) beraten. Nun verabschiedet sie sich in den Ruhestand. Ein Gespräch über Macht und Einfluss in Bundesbern.
SRF News: Was macht eine Bundesratsberaterin? Sind Sie Strategin, Reisebegleiterin, Sekretärin oder engste Bezugsperson?
Brigitte Hauser-Süess: Es ist ein bisschen von allem. Am meisten geht es darum, bei Gesprächen oder Ideen einen Austausch zu ermöglichen, seine Meinung einzubringen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Ausserdem gehört dazu, Dossiers vorzubereiten, als Sparringpartnerin in Geschäften zu fungieren und einfach da zu sein, wenn die Bundesrätin reden möchte.
Bundesräte brauchen Vertrauenspersonen, denn es ist nicht immer einfach, an der Spitze zu stehen.
Sie waren die persönliche Beraterin der ehemaligen Bundesrätinnen Doris Leuthard, Eveline Widmer-Schlumpf und Viola Amherd sowie von alt Bundesrat Christoph Blocher. Was war dabei das Wichtigste?
Das Vertrauen nicht zu verletzen. Loyalität und Vertrauen sind von zentraler Bedeutung. Bundesräte brauchen Vertrauenspersonen, denn es ist nicht immer einfach, an der Spitze zu stehen. Das erfordert Menschen, denen man vertrauen kann. Bei Viola Amherd ist es beispielsweise so, dass wir uns schon sehr lange kennen und wissen, was wir aneinander haben – und was nicht.
Sie waren als Beraterin oft auch bei Spitzengesprächen zwischen den Bundesrätinnen und ausländischen Politikern mit dabei. Wieso?
Es ist klar, dass nach solchen Gesprächen Folgearbeiten anstehen. Man diskutiert, was besprochen wurde, welche weiteren Schritte anstehen und welche Themen möglicherweise kontrovers sein könnten. Solche Informationen werden dann in Notizen festgehalten und für den Gesamtbundesrat erstellt. Ich habe sichergestellt, dass die wichtigsten Punkte enthalten sind.
Was kommt Ihnen in der Zusammenarbeit mit Christoph Blocher in den Sinn?
Er hat Humor und ich konnte mit ihm lachen.
Was hat Sie an Eveline Widmer-Schlumpf am meisten überrascht?
Wie sie dem Druck standgehalten und dennoch die Sachgeschäfte vorangetrieben hat. Sie hat sich nicht entmutigen lassen.
Was ist etwas an Bundesrätin Viola Amherd, das niemand weiss?
Sie kann unglaublich gut Ski fahren – wirklich richtig gut.
Waren Sie mit ihr auf der Piste?
Ja, aber ich komme flach raus.
Letzten Herbst sind Sie plötzlich selbst in den Fokus geraten. Die halbe Schweiz hat über Ihren Lohn als Beraterin diskutiert – 1140 Franken pro Tag. Wie haben Sie das erlebt?
Das war ungerecht. Alle persönlichen Beraterinnen und Berater befinden sich in derselben Lohnklasse wie ich.
Ein solcher Lohn hat bei Männern nie Fragen aufgeworfen.
Es war also keine plötzliche Gehaltserhöhung. Es ist erstaunlich, dass man gerade Frauen attackiert, obwohl sie denselben Lohn wie ihre männlichen Kollegen erhalten. Ein solcher Lohn hat bei Männern nie Fragen aufgeworfen.
Wie haben Sie sich so lange im Zentrum der Macht gehalten?
Wichtig ist, sich zu vernetzen, diese Netzwerke zu pflegen und sich gegenseitig zu unterstützen. Frauen sollten andere Frauen bewusst fördern und solidarisch miteinander umgehen. Solidarität bringt einen weit.
Das Gespräch führte David Karasek.