Eine «unangemessene Einflussnahme». Zu diesem Vorwurf hat die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) Abklärungen unternommen. Im Fokus: Goms als einer der Austragungsorte der Winter-Militärweltspiele 2025.
Verwandtschaftliche Bande: Sohn und Schwiegertochter
In einem Schreiben, das SRF Investigativ vorliegt, stellte die EFK deshalb letzten März dem Generalsekretariat des VBS unbequeme Fragen. Im Zentrum des möglichen Interessenskonflikts steht die enge Vertraute von Bundesrätin Viola Amherd: die Walliserin Brigitte Hauser-Süess. Sie soll sich persönlich für ihre Heimatregion Goms als Austragungsort ausgesprochen haben. Genauer: das «Nordische Zentrum Goms», das in den letzten Jahren für über 15 Millionen Franken ausgebaut wurde. Bei der Durchführung der Winter-Militärweltspiele im März 2025 wird die Walliser Wettkampfstätte mit Biathlon-Schiessstand und Loipen eine zentrale Rolle spielen.
Die Standortfrage Goms war zwischen 2019 und 2022 wiederholt Thema an der Amtsleitungssitzung des VBS. Hauser-Süess habe sich persönlich für den Standort Goms ausgesprochen, heisst es im Schreiben der EFK. Pikant: «Sohn und Schwiegertochter übten Funktionen im direkten und indirekten Umfeld des Nordischen Zentrum Goms aus oder tun es noch immer.» Tatsächlich arbeitet Hausers Schwiegertochter in leitender Funktion im Zentrum, Hausers Sohn war im Organisationskomitee des Langlauf-Weltcuprennens, das dort diesen Januar durchgeführt wurde.
«Die Angelegenheit stinkt zum Himmel»
«Salopp ausgedrückt: Die Angelegenheit stinkt zum Himmel», sagt Korruptionsexperte und Strafrechtler Mark Pieth nach Sichtung des EFK-Schreibens: «Ich sehe zwar keine Bestechung, aber Interessenskonflikte.» Dass Sohn und Schwiegertochter Funktionen ausüben würden, seien «No-Gos». Hier hätte Viola Amherd als Departementschefin einschreiten müssen.
«Walliser-Connection» im Fokus
Auch Amherds Cyber-Chef im VBS, der Oberwalliser Roger Michlig, wird im Schreiben der Finanzkontrolle erwähnt. Michlig ist auch Verwaltungsratsmitglied der Genossenschaft Feriendorf Fiesch, welche nächsten März Athletinnen und Athleten am Standort Goms beherbergen wird. Michlig gehört zu Amherds Führungsriege, zur sogenannten «Walliser-Connection», die immer wieder Fragen über Personalentscheide im VBS aufwirft.
VBS widerspricht EFK vehement
«Der Vorwurf der unangemessenen Einflussnahme von Personen mit vermeintlich persönlichen Interessen wiegt schwer. Wir weisen ihn dezidiert zurück», schreibt das VBS in seiner Antwort an die EFK. «Eine zeitliche Auflistung der Geschehnisse und Angaben zu den Funktionen der von Ihnen namentlich angeführten Personen zeigt, dass keine Einflussnahme erfolgt ist und auch keine Interessenskonflikte in Bezug auf das Nordische Zentrum Goms bestehen.»
Die Eidgenössische Finanzkontrolle wollte ihr Schreiben gegenüber SRF nicht kommentieren. Aus dem geleakten Brief wird klar: Die EFK forderte aufgrund einer Whistleblowing-Meldung Unterlagen beim VBS ein und wertete Dokumente aus.
Auch die Chefin des VBS persönlich steht in der Kritik: So habe Viola Amherd «entgegen den eigenen Grundsätzen» entschieden, dass der Entscheid zur Wahl der Austragungsorte beim Chef der Armee (CdA), Thomas Süssli, liegen solle. Das erstaunt, denn laut EFK-Schreiben sind die Entscheidungen zur Wahl des Austragungsortes grundsätzlich als operative Aufgabe deklariert. Die Departementschefin und der CdA würden demnach im Normalfall nur über den aktuellen Stand informiert. Das VBS begründet dieses Vorgehen gegenüber der EFK mit einer «gewissen strategischen Tragweite».
«Einflussnahme sehr wahrscheinlich»
Die EFK fragt das VBS-Generalsekretariat, ob Brigitte Hauser-Süess und Roger Michlig ihre möglichen Interessenskonflikte gemeldet hätten. Es sei in keinem Protokoll erkennbar, dass allfällige Interessenskonflikte offengelegt worden seien. In seiner Antwort entgegnet das VBS: «Frau Brigitte Hauser-Süess ihrerseits hat persönlich keine spezifischen Beziehungen zum Nordischen Zentrum Goms – und wie erwähnt, auch nicht über ihren Sohn oder ihre Schwiegertochter. Sie hat dementsprechend ausdrücklich auch keine Interessenbindungen.» Und Roger Michlig «war nicht in die Entscheide im VBS involviert». Auch gegenüber SRF bestreitet das VBS mögliche Interessenskonflikte.
So beantwortet das VBS die Fragen der Eidgenössischen Finanzkontrolle
«Vertrauensverlust» und «Reputationsschaden»
Die EFK warnt im Schreiben vor einem «Vertrauensverlust» und «Reputationsschaden», der nur schon durch den Anschein von Befangenheit entstehen könne. Auf Anfrage von SRF Investigativ schreibt die EFK, sie plane «aktuell keine weiteren Aktivitäten zu diesem Thema». Ob sich der Verdacht zerschlagen hat, bleibt offen.
Wie die Politik reagiert
Die Solothurner SP-Ständerätin Franziska Roth wird in der Geschäftsprüfungskommission die vermuteten Interessenskonflikte thematisieren: «Gerade weil die Amts-Chefin Walliserin ist, müssen die geltenden Ausstandsregeln unbedingt eingehalten werden.» Und der Zuger Mitte-Ständerat Peter Hegglin behält sich als Präsident der Finanzdelegation beider Räte weitere Schritte vor: «Sollten uns weitere Vorkommnisse gemeldet werden, könnte ich mir vorstellen, dass die Finanzdelegation die EFK mit weiteren Abklärungen beauftragt wird.»
Es ist nicht die erste familiäre Verbindung von Brigitte Hauser-Süess, die im Bundeshaus zu reden gibt. Der Anfang Jahr unter Druck zurückgetretene VR-Präsident der Ruag MRO, Nicolas Perrin, ist Schwager von Hauser-Süess. Die dann 70-Jährige wird das VBS Ende Jahr verlassen, sie geht in Pension.