- Der Bundesrat hat heute die Gesamtschau zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab 2022 verabschiedet und schlägt dem Parlament eine Strategie mit zwei Komponenten vor.
- In- und ausländische Märkte sollen durch Handelsabkommen besser vernetzt und der Grenzschutz mit Blick auf Freihandelsabkommen partiell abgebaut werden.
- Dies sei volkwirtschaftlich vorteilhaft und mit finanzieller Unterstützung bewältigbar, sagt Wirtschaftsminister Schneider-Ammann und betont Herausforderungen der Exportnation.
Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann machte keinen Hehl daraus, dass der Grenzschutz zugunsten der Schweizer Landwirtschaft zunehmend zum Stolperstein bei neuen Freihandelsverhandlungen und bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit wird. Die Schweizer Landwirtschaft sei nicht nur mit hoher finanzieller Unterstützung unterwegs, sondern habe auch einen Grenzschutz, der nicht weiter aufrechterhalten werden könne.
Dieser Grenzschutz muss nun laut Schneider-Ammann «relativiert werden, ohne die Landwirtschaft in Bedrängnis zu bringen, sondern sie vielmehr wettbewerbsfähiger zu machen. Die verstärkte Ausrichtung auf dem Markt solle den Bauern auch nicht diktiert, sondern zusammen mit der Landwirtschaft erarbeitet werden.
Wir müssen als Exportnation erfolgreich in die internationalen Märkte finden. Die Anforderungen haben sich verschärft.
Es gehe also keinesfalls darum, nun einen Angriff auf die Bauern zu lancieren, betonte der Wirtschaftsminister und strich die Bedeutung der Landwirtschaft als volkswirtschaftlichen Faktor hervor. Sie produziere qualitativ hochstehend, pflege und erhalte die Lebensgrundlagen erstrangig – von der «Mistgabel bis auf den Teller».
Ungeachtet dessen gebe es ein paar Defizite, aber auch Potenzial. So müsse die starke Regulierung ebenso reduziert werden wie die Umweltbelastung etwa durch Stickstoff und Phosphor. Der unternehmerische Freiraum sei heute nicht besonders gross, sondern durch teils filigrane Gesetzgebung eingeschränkt, räumte Schneider-Amman ein.
Wir wissen, dass wir regulieren und die Landwirtschaft mit zusätzlichem Aufwand belasten. Nur zusammen kann die Gegenbewegung lanciert werden.
Die Strukturanpassungen müssten zudem sozialverträglich sein, etwa bei einem Generationenwechsel. «Wir boxen nicht etwas in kürzester Zeit durch, das schaden könnte», betonte Schneider-Ammann.
Indien, Indonesien, Mexiko, Mercosur
«Wir wollen in den internationalen Märkte ankommen», betonte Schneider-Ammann und erwähnte die Pläne zur Marktöffnung in den verschiedensten Wirtschaftsbereichen mit Indonesien, Indien, Malaysia, Kanada und Mexiko. Aber auch bei der südamerikanischen Mercosur könne in Verhandlungen eingetreten werden, wenn die Schweiz zu gewissen Zusagen im Landwirtschaftsbereich bereit sei. Ohne eine gewisse Öffnung gebe es aber auch hier keine Abkommen.
«Ein nächster Schritt in einer nicht einfachen Umgebung»
Es sei ein wichtiger Schritt, den der Bundesrat heute gemacht und damit die nächste Etappe aufgesetzt habe, so der Wirtschaftsminister. Die Regierung habe die Wertschätzung für die Landwirtschaft «ausdrücklich» bestätigt. Es gebe keine Landwirtschaftsentwicklung, wo die Betroffenen nicht im Bilde seien oder nicht zur Mitgestaltung eingeladen würden: «Alle müssen sich mit dem gemeinsam festgelegten neuen Weg identifizieren können, um erfolgreich zu sein.»
Es geht nichts über die vertrauensbildende Diskussion. Ich bin zuversichtlich, mit dem Bauernverband am Tisch Lösungen zu finden.
Ohne finanzielle Unterstützung geht es nicht
Der Bundesrat zeigt sich überzeugt, dass ein partieller Abbau des Grenzschutzes volkswirtschaftlich vorteilhaft und mit Unterstützungsmassnahmen im Inland bewältigbar ist.
Ein Szenario geht hier von 1,5 Milliarden Franken in den ersten vier Jahren aus, die durch die Mehrwertsteuer finanziert werden könnten. Ob diese Version allerdings im Spiel bleibe, könne er heute nicht sagen, sagte Schneider-Ammann, bestätigte aber die Grössenordnung.
Er habe aber seine Zweifel, ob die Mehrwertsteuer der richtige Weg sei, ergänzte der Wirtschaftsminister und erinnerte auch an die Möglichkeit von Direktzahlungen. «All diese teuren Lösungen seien Hilfsinstrumente, um das Landwirtschaftsgefüge leistungsfähiger zu machen. Wir wollen ja besser und unternehmerischer werden.»