Er sei froh um das Ja, auch wenn es noch labil sei – erstaunen tut ihn das Resultat aber nicht, sagt SP-Nationalrat Adrian Wüthrich. Denn: «Die Diskussion fängt jetzt erst richtig an.» Dazu komme, dass es sich bei der Vorlage um einen Kompromiss handle – «deswegen wohl sagen viele nicht hundertprozentig Ja. Aber am Schluss gibt es nur ein Ja oder ein Nein.». Und: «Es ist eine komplexe Vorlage, und da muss man sich auch länger damit befassen, um sie zu verstehen.» Da müsse seine Seite noch mehr Informationsarbeit leisten.
Die Vorlage bringt allen etwas.
Ansprechen will der Travailsuisse-Präsident insbesondere die Arbeiternehmenden. Sein Argument: der Zustupf an die AHV. «Die Vorlage kommt nicht nur den Unternehmen zugute. Sie bringt sehr schnell Zusatzeinnahmen, damit die AHV nicht in Schieflage kommt. Das bringt allen etwas.»
Argument «Standort sichern»
Die bürgerliche Ja-Seite kämpft ebenfalls mit dem Argument der Sicherung der Altersvorsorge. Die Vorlage löse da zwar nicht alle Probleme, verschaffe aber «eine Verschnaufpause,», wie FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger erklärt. Allerdings sei ihr klar, dass es eine strukturelle Revision der AHV brauche.
Die heutige Rechtsunsicherheit ist Gift für den Standort Schweiz.
Wichtiger ist ihrer Partei aber der Teil der Vorlage, der die Unternehmenssteuer betrifft. «Die Standortattraktivität zu erhalten, ist sehr wichtig und dringend, denn die heutige Rechtsunsicherheit ist Gift für den Standort Schweiz». Zusätzliche Stimmen ortet Schneeberger vor allem bei den Unentschlossenen und den Parteiungebundenen: «Die Meinungsbildung zeigt, dass wir da im Moment die Nase vorne haben.» Ende April startet die FDP mit einer Plakatkampagne. Präsent wird man auch auf Social Media sein.
Argument «Kuhhandel»
Anders sieht es die Gegnerseite: «Das labile Ja zeigt, dass die Bevölkerung diese Hintertür-Politik aus Bundesbern nicht goutiert und nicht mitträgt», so Andreas Gerber. Der Generalsekretär der Jungen SVP Schweiz sitzt im bürgerlichen Nein-Komitee. «Es ist noch alles offen, und wir sind fest entschlossen dieses labile Ja noch in ein nachhaltiges und klares Nein zu verwandeln».
Der moralisch fragwürdige Kuhhandel verschiebt das Milliardenloch zu Lasten der Jungen in die Zukunft.
Um dieses Ziel zu erreichen, will man Podien durchführen und die Leute im persönlichen Gespräch überzeugen. Zudem setzen die jungen Gegner auf Social Media mit ihrer grossen Reichweite. Denn Geld für Plakat- und Werbekampagnen gegen den «moralisch fragwürdigen Kuhhandel, der das Milliardenloch zu Lasten der Jungen in die Zukunft verschiebt» – so das Hauptargument – fehlt.
Argument «alter Wein in neuen Schläuchen»
Auch das linke Nein-Komitee ist überzeugt, dass die Stimmberechtigten nicht goutieren, wenn ihnen ein Paket vorgesetzt wird, zu dem sie sich nicht differenziert äussern können. Kommt hinzu: «Immer mehr Stimmberechtigte merken offenbar, dass der Steuerteil nicht mehr ist als alter Wein in neuen Schläuchen», wie Regula Rytz erklärt.
Genau dazu hat die Bevölkerung vor zwei Jahren Nein gesagt.
Die Grünen-Präsidentin ist nicht erstaunt, dass die Skepsis steigt. «Der Ausgang der Abstimmung ist offen». Die Kampagne der linken Gegner will nun aufzeigen, dass die Ertragsausfälle in Kantonen und Gemeinden durch die STAF praktisch gleich hoch sein werden wie bei der Unternehmenssteuerreform III, und dass der schädliche Steuerwettbewerb angeheizt wird. «Genau dazu hat die Bevölkerung vor zwei Jahren Nein gesagt».
In einem Punkt sind sich alle einig: Die Diskussion hat erst begonnen. Und: Bis zur Abstimmung wird noch viel zu tun sein – auf beiden Seiten.