Vor dem Bezirksgericht Lausanne wurde nach diesem überraschenden Urteil lautstark gefeiert. Die Aktion der Klimaaktivisten sei «verhältnismässig gewesen», man könne angesichts der Klima-Erwärmung von einem Notstand sprechen, sagte der Gerichtspräsident. Im Saal war die Erleichterung zu spüren. Manche Angehörige der zwölf Angeklagten brachen in Tränen aus.
Eigentlich ging es in diesem Prozess um die beiden Anklagepunkte des Hausfriedensbruchs und der unbewilligten Demonstration im November vor einem Jahr in der Lausanner Crédit-Suisse-Filiale.
Sie wussten die Bühne zu nutzen
Dafür wurden sie per Strafbefehl verurteilt. Weil die Klimaaktivisten diesen Strafbefehl anfochten, kam es zum Prozess. Und diese Bühne wussten die Klimaaktivisten zu nutzen. Sie kamen zur Verteidigung mit 13 Anwältinnen und Anwälten, die alle kostenlos arbeiteten, darunter auch Top-Leute unter den Waadtländer Juristen. Und sie sprachen lieber vom Klima-Notstand als von den strafrechtlichen Vorwürfen gegen sie.
Wegen der Klima-Erwärmung sei nur der Weg des zivilen Ungehorsams möglich gewesen. Dafür erhielten sie prominente Unterstützung, etwa von Chemie-Nobelpreisträger Jaques Dubochet, der als einer der Zeugen auftrat beim Prozess. Der Richter des Bezirksgerichts Lausanne anerkannte nicht nur die Notwendigkeit der Aktion, sondern bezeichnete sie auch als verhältnismässig.
Roger Federer und die New York Times
Für die Aktivisten ist es ein doppelter Sieg. Sie erreichten nicht nur den Freispruch vor Gericht, sondern auch viel Aufmerksamkeit – sogar die New York Times berichtete über den Prozess. Die Aktivisten wandten sich zudem in einer Internet-Kampagne direkt an Roger Federer und dieser antwortete auch: Der Tennis-Star liess diese Woche verlauten, dass er den Klimaaktivisten dankbar sei. Er sei sich seiner Verantwortung bewusst, gab Federer an. Und er wolle seine privilegierte Position für einen Dialog über diese wichtigen Fragen mit seinen Sponsoren nutzen.
Die Crédit Suisse gab zwar bereits im Laufe des Prozesses an, in keine neuen Kohlekraftwerke mehr investieren zu wollen. Zudem wolle sie ihre Kredit-Portfolios an den Pariser Klimavereinbarungen ausrichten. Dennoch steht die Grossbank nun im Rampenlicht und schlecht da – weil die Klimaaktivisten hartnäckig blieben. Ob die Grossbank das Urteil anfechten wird, ist noch unklar.
Der Prozess in Lausanne zeigt: Die Klima-Bewegung ist äusserst gut organisiert in der Kampagnenführung. Schon im Falle einer Verurteilung hätten die Aktivisten viel erreicht gehabt mit diesem Prozess. Mit den Freisprüchen wird die Klima-Bewegung nun klar in ihren Protesten gestärkt.