Sie wettern gegen «Überfremdung», gegen «Islamisierung», gegen «Konsumwahn, Pornografie und Manipulation» und prangern Faulheit an. Sie zeigen sich beim Beseitigen von Abfall am Seeufer, bei Bergwanderungen, im Kampfsporttraining, bei der Lektüre von Büchern oder beim Entrollen von Bannern hoch über den Dächern.
Sie nennen sich Aktivisten – kapitalismuskritisch, auf Gesundheit bedacht, Bildung hochhaltend. Doch man darf sich nicht täuschen lassen: Hier sind Rechtsextreme am Werk. Militante Rechtsextreme mit Nazi-Symbolik.
Der «friedliche Aktivismus» ist blanker Hohn
Die «Junge Tat» setzt – zumindest vordergründig – auf Themen, die bis in die Mitte der Gesellschaft anschlussfähig scheinen: Frust in Zeiten von Inflation, Energiekrise und Pandemie, Misstrauen gegenüber Regierung und Medien, die Debatten um Gender-Fragen. Und das tun sie mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen, die sie als «friedlichen Aktivismus» bezeichnen.
Zuletzt hat die «Junge Tat» vor knapp zwei Wochen das Tanzhaus in Zürich heimgesucht. Während drinnen Dragqueens Kindern Geschichten vorlasen, entrollten die Aktivisten draussen ein Banner mit der Aufschrift «Familie statt Gender-Ideologie», zündeten Fackeln, brüllten Parolen. Auch drinnen sollen sie versucht haben, ein Banner zu entrollen, berichteten Eltern.
Die vermummten Männer haben Kinder, Eltern und queere Menschen in grosse Angst versetzt. «Friedlicher Aktivismus», wie es die selbsternannten «Patrioten» der «Jungen Tat» nennen, ist da blanker Hohn.
Angst und Schrecken, aber keine physische Gewalt
Manche der Mitglieder sind gemäss Medienberichten zwar vorbestraft, etwa wegen Rassendiskriminierung, Sachbeschädigungen oder Waffenvergehen. Während ihrer Propaganda-Aktionen, die sie mit Videos verbreiten, sind gewalttätige Angriffe, soweit öffentlich bekannt, aber ausgeblieben.
Berichtet wurde allerdings über gewaltsame Zusammenstösse mit Antifaschisten, etwa im Februar in Zürich am Rand einer Corona-Kundgebung oder im Mai 2021 im Kanton Bern. Gerne inszeniert sich die «Junge Tat» danach als Opfer. «Narben und Verletzungen, welche man im Kampf um Gerechtigkeit erwirbt, tragen wir mit Stolz», heisst es in einem Post der Gruppe.
Das Verhaltensmuster: Die Gruppe setzt Gewalt angeblich nur zur Verteidigung ein, verbreitet aber mit ihren Aktionen bewusst Angst und Schrecken. Da man aber auf physische Gewalt verzichtet, sind solche Aktionen in ihren Augen «friedlich».
Ernsthaftes Risiko
Provokation bis hart an die Grenze der Legalität, teils darüber hinaus – und dann die Wucht der Reaktionen schwungvoll umlenken, die Kraft zu eigenen Gunsten nutzen: Dieser Trick lässt sich besonders beim Gewaltvorwurf an die Gruppe beobachten. Wer ihre Aktionen ohne Beleg als gewalttätig bezeichnet, hilft ihnen letztlich nur. Denn man befeuert ihre Opferhaltung, ihr Gehabe als angeblich einzig wahre Verfechter der Meinungsäusserungsfreiheit.
Gleichzeitig wird vor laufender Kamera trainiert: im Kraftraum, im Boxring, in der Natur. Angereichert wird die Propaganda mit Feindbildern wie einer «dekadenten» Gesellschaft, einer Politik, die Menschen trotz Krisen «im Stich» lasse, angeblich manipulativer Medien – also einer fundamentalen Ablehnung des ganzen «Systems». Die «Junge Tat» fügt sich damit in eine vernetzte Bewegung Rechtsextremer in Europa und Nordamerika ein, die vorgeben, sich auf einen «Rassenkrieg» vorbereiten zu müssen, da man die «weisse Rasse» verteidigen müsse.
Es scheint hier eine Radikalisierungsdynamik im Gang, die nicht als reine Provokationen junger Männer (und einzelner Frauen) abgetan werden kann, sondern ein ernsthaftes Risiko darstellt.