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Alleingang des Kantons Bern veröffentlicht Wohngemeinde von Corona-Positiven

Mit der Massnahme will der Kanton die Bevölkerung vorsichtiger machen. Doch das Vorgehen wirft Datenschutzfragen auf.

Man habe die Menschen wieder besser sensibilisieren wollen, heisst es bei der Gesundheitsdirektion des Kantons Bern. Denn die Leute seien nachlässig geworden, sagt Gundekar Giebel, Kommunikationsbeauftragte der Gesundheitsdirektion des Kantons Bern: «Sie waren näher zusammen, haben die Distanz- und die Hygieneregeln nicht mehr immer befolgt. Wir dachten, wir müssen ein Zeichen setzen und das Virus wieder sichtbar machen. Das haben wir durch die Bekanntgabe der Gemeinden, glaube ich, gut erreicht.»

Deswegen steht nun seit Ende Juni auf der Homepage des Kantons Bern nicht nur wie viele Infizierte es gibt, sondern auch, wo diese Personen leben. Es sind also auch Gemeinden mit nur ein paar hundert Einwohnern aufgeführt.

Gefahr bei kleinen Gemeinden

Kritik kommt von der Schweizerischen Patientenorganisation SPO. Daniel Tapernoux ist Arzt und Mitglied der Geschäftsleitung. Die Wohnorte sollten nicht veröffentlicht werden, sagt er: «Das finde ich grundsätzlich problematisch. Weil damit die Gefahr besteht, dass erkennbar wird, um welche Person es sich handelt, vor allem in sehr kleinen Gemeinden.»

Viel wichtiger wäre es, zu wissen, wo sich eine Person bewegt – beim Pendeln und im Ausgang zum Beispiel. Bei der Datenschutzaufsichtsstelle des Kantons Bern wusste man bis zur Anfrage von SRF zwar nichts von der Publikation der Wohnorte, man stört sich aber auch nicht daran.

BAG verzichtet auf Ortsangabe

Man könne mit dem Wohnort keine Rückschlüsse auf Personen ziehen, sagt Rahel Lutz, stellvertretende Berner Datenschutzbeauftragte: «Bei mehreren 100 Personen und zwei Infizierten, da kann niemand darauf zurückschliessen, um wen es sich handelt.» Das heisst, man veröffentliche mit dem Wohnort keine Gesundheitsdaten der infizierten Personen.

Anders sieht das der Bund. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) veröffentlicht die Wohnorte nicht. Aus Datenschutzgründen, wie es auf Anfrage heisst. Auch andere Kantone teilen diese Einschätzung und verzichten auf die Veröffentlichung der Wohnorte. Der Kanton Bern sagt allerdings, es habe sich gelohnt: Die Menschen seien vorsichtiger geworden.

Rendez-vous, 07.07.2020, 12:30 Uhr

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