Gian Bucher spielt seit zwei Jahren Trompete. Er nimmt Unterricht an der Musikschule Sarnen im Kanton Obwalden. Es war für den Zehnjährigen schon immer ein Traum, dieses Instrument zu spielen. Entscheidend für Gian Bucher war aber auch, dass er das Instrument vorgängig in einer Schnupperlektion ausprobieren konnte: «Ich bin da hingegangen und habe beim ersten Versuch schon einen Ton aus der Trompete herausgebracht», strahlt der junge Musiker.
Anders als Gian Bucher konnten viele Kinder und Jugendliche diese Erfahrung seit Corona nicht mehr machen. Instrumentenvorstellungen der Musikschulen haben nicht mehr stattgefunden. Dazu kam: Durch den Covid-19-bedingten Lockdown im Frühjahr 2020 mussten Musikschulen ihre Angebote im Fernunterricht durchführen oder ausfallen lassen.
Dies alles hat Auswirkungen auf die Anzahl der Anmeldungen, wie eine Untersuchung der Hochschule Luzern bei rund 400 Musikschulen ergeben hat: Deutlich weniger Kinder und Jugendliche starten in der Schweiz nach den Sommerferien mit einem neuen Instrument.
Trompete, Saxofon und Co. nicht mehr gefragt
Musikpädagoge Marc-Antoine Camp hat die Auswirkungen von Corona auf die musikalische Bildung für die Hochschule Luzern erforscht. Er sagt, dass es tatsächlich eine Rolle gespielt haben könnte, dass die Instrumentenvorstellung nicht mehr haben stattfinden können, beziehungsweise ins Internet verlegt wurde: «Wenn Kinder ein Instrument nicht ausprobieren können, dann ist die Chance eher gering, dass sie es dann wählen oder neu für sich entdecken».
Die Studie der Hochschule Luzern hat ergeben: Der Rückgang bei den Anmeldungen beträgt gegenüber dem Vorjahr rund zehn Prozent.
Deutlich weniger Anmeldungen gab es beim Unterricht für Blasinstrumente und Gesang. Singen im Chor und das Spielen von Blasinstrumenten hatten besonders mit erhöhten Corona-Schutzmassnahmen zu kämpfen. Mögliche Ansteckungsrisiken waren oft ein Thema in den Medien.
Dies hat auch Markus Michel, Leiter der Musikschule in Sarnen, bemerkt: «Das Blasinstrument ist in den Medien als Superspreader oder Aerosolverbreiter bekannt geworden. Wer weiss, vielleicht hat das auch einen Einfluss».
Das Blasinstrument ist in den Medien als Superspreader oder Aerosolverbreiter bekannt geworden.
Die Anmeldezahlen jedenfalls scheinen dies zu bestätigen. Denn: Während das Interesse an Blasinstrumenten gesunken ist, haben die Tasteninstrumente zugelegt, sagt Studienleiter Marc-Antoine Camp: «Das Klavierlernen war schon vor der Pandemie im Trend, hat aber vom Lockdown nochmals profitiert».
Eltern zögern auch aus finanziellen Gründen
Ein weiterer Grund, weshalb Kinder in diesem Schuljahr den Musikunterricht weniger besuchen, seien die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, führt Marc-Antoine Camp weiter aus. Diese Unsicherheiten spielten sicher für einige Eltern ebenfalls eine Rolle bei der Entscheidung, ob sie ihr Kind an einer Musikschule anmelden oder eben nicht.
Die längerfristigen Auswirkungen auf den Instrumentalunterricht seien indes noch offen. Für den Sarner Musikschulleiter Markus Michel ist es nun vor allem wichtig, in Kontakt mit Kindern und Eltern zu bleiben, um so die Begeisterung für Musik zu wecken - trotz Pandemie.