Dürfen Lebensmittel «Güggeli» heissen, wenn kein Fleisch drin ist? Das Zürcher Verwaltungsgericht sagt Ja. Nun hat der Bund am letzten Montag eine Beschwerde gegen den Entscheid des Zürcher Verwaltungsgerichts eingereicht, wie der «Tagesanzeiger» berichtete.
Damit zieht er den Fall weiter ans Bundesgericht. Der Namensstreit um Fleischersatzprodukte geht also in die nächste Runde. Aber worin besteht eigentlich das Problem?
Spielraum für Interpretation
Alternativen zu Fleisch werden in der Schweiz beliebter. Seit Jahren steigt der Umsatz stetig. Im Vergleich zum Gesamtmarkt von Fleisch- und Fleischersatzprodukten sind es aber nur rund drei Prozent.
Das Start-up Planted mit Sitz in Lindau (ZH) produziert solche Fleischalternativen aus Erbsenprotein – rund 5000 Tonnen pro Jahr.
Auf seinen Verpackungen finden sich abgesehen von «100% plant based» aber auch Bezeichnungen wie «planted.chicken».
Laut einem Informationsschreiben des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) wäre es nicht zulässig, Tiere auf Fleischersatzprodukten zu nennen. Das gilt auch für Pflanzenmilcherzeugnisse.
Um einer Täuschung vorzubeugen, dürfte zum Beispiel «vegane Mayonnaise» unter diesem Namen nicht verkauft werden. Warum der Konjunktiv? Das Schreiben des BLV ist rechtlich nicht bindend.
Das Tier im Namen stört
Die Gesetzgebung lässt Interpretationsspielraum offen. Je nach Auslegung wird der Konsumierende getäuscht – oder auch nicht. Nun ist das Eidgenössische Departement des Innern (EDI), das Beschwerde eingelegt hat, mit der Interpretation des Zürcher Verwaltungsgerichts nicht einverstanden.
Auch für den Schweizer Fleisch-Fachverband (SFF) ist das «Chicken» im Namen eine klare Täuschung. Der Verband stört sich laut seinem Direktor Ruedi Hadorn unter anderem an den nach Fleisch tönenden, aber fleischlosen Produkten. Wer innovativ ist, solle das bei Bezeichnungen auch sein.
Warum schreibt Planted dennoch «Chicken» auf ihre Verpackung? In einer eigens in Auftrag gegebenen Studie konnte das Start-up zeigen, dass 93 Prozent der Befragten erkannt hätten, dass es sich bei «planted.chicken» um ein vegetarisches Produkt handle. Auf diese Studie stützte sich auch das Zürcher Verwaltungsgericht.
Das Informationsschreiben des BLV gehe also zu weit, sagt Judith Wemmer von der Geschäftsleitung von Planted. Das machte auch das kantonale Verwaltungsgericht in seinem Urteil deutlich.
Das Warten beginnt
Planted wird weiterhin darauf setzen, vegane Produkte auch unter Tierbezeichnungen zu verkaufen. Das ist laut Wemmer zwar stark produktabhängig. Aber das Ziel sei, dass die Produkte «möglichst gut von den Konsumierenden eingesetzt werden können».
Bis das Bundesgericht seinen Entscheid fällen wird, kann es noch Jahre dauern. Liegt er auf dem Tisch, hat es in jedem Fall etwas Gutes. Weil sich die Frage der Kennzeichnung von Fleischersatzprodukten auch künftig stellt, schafft das Bundesgericht durch seinen Entscheid Rechtssicherheit.