Vor einem Monat wurde auf der Toilette der Sekundarschule Muttenz BL eine Amokdrohung entdeckt, versehen mit dem Datum in einer Woche. 650 Schülerinnen und Schüler zwischen 12 und 16 Jahren gehen dort zur Schule. Rektor Simon Schweizer erinnert sich gut an seinen ersten Gedanken, als er über den Vorfall informiert wurde. «Erst mal habe ich gedacht: Oh nein, wir auch?»
Die Verunsicherung war gross und spürbar.
Denn in anderen Schulen in der Region wurden bereits ähnliche Vorfälle gemeldet. Der Rektor kontaktierte sofort die Polizei und verständigte die Lehrpersonen der Schule. Diese hätten alle professionell und ruhig reagiert. «Panik hatten wir zum Glück nicht. Aber die Verunsicherung oder die Angst war gross und spürbar.»
Die Polizei konnte bald Entwarnung geben. Die Schule müsse nicht geschlossen werden, entschied die Polizei aufgrund des Texts. Und kurze Zeit später war klar, welcher Schüler dahinter steckte.
Trotzdem sei die Angst bei einigen Eltern nicht verschwunden, sagt Schweizer. Einige Familien hätten ihre Kinder an diesem Tag tatsächlich nicht zur Schule geschickt. Obwohl der Täter geschnappt wurde, zeige das, «was es auslösen kann und wie tief die Verunsicherung oder auch die Angst ist, dass etwas passieren könnte.»
Mutprobe auf Tiktok, Ärgernis für Polizei
Der Rektor gehe davon aus, dass der Schüler die Drohung als eine Art Mutprobe auf die Toilettenwand geschrieben habe. Inspiriert von einem Trend, der auf Tiktok entstanden ist. Dort posteten verschiedene Jugendliche Amokdrohungen, die sie an ihrer Schule auf die Toilettenwand schrieben. Ernst gemeint waren auch diese Drohungen nicht.
Für die Polizei spielt das keine Rolle. Jede Drohung müsse man ernst nehmen, sagt Polizeisprecher Adrian Gaugler. Die üblen Scherze seien für die Polizei ein grosses Ärgernis. «Wir finden das gar nicht lustig. Denn wir müssen da gegebenenfalls Massnahmen ergreifen», sagt Gaugler.
Das bedeute, trotz knapper personeller Ressourcen Personal einzusetzen. Ausserdem könne erst nach einer gewissen Zeit eingeschätzt werden, ob es sich um einen üblen Scherz oder eine ernste Bedrohung handle, so der Polizeisprecher.
«Gefühl von Macht»
Was ihre Aktionen für Konsequenzen hätten, das könnten viele Jugendliche nicht richtig einschätzen, sagt Laurent Sedano. Er ist Experte für Medienbildung und gibt unter anderem Workshops für Jugendliche zu Tiktok. Je mehr Aufmerksamkeit ein Thema erhält, desto mehr fühlten sich die Jugendlichen animiert mitzumachen.
Laut dem Experten könnte es sein, dass die Jugendlichen ein «Gefühl von Macht» bekommen. Vielleicht fühlten sie sich in der Schule nicht wohl und möchten es ihr ‹zurückzahlen›. Sie bemerkten auch die Aufregung darum herum: wütende Leute, Polizei, Medienberichterstattung.
Sedano plädiert dafür, dass Lehrpersonen mit den Schülerinnen und Schülern gemeinsam soziale Medien konsumieren und besprechen, was dort gezeigt wird. Auch die Eltern sollten sich Zeit nehmen und sich damit auseinandersetzen, was ihre Kinder konsumieren.
Gleiche Tat, andere Konsequenzen
In Muttenz wurde der Schüler, der die Drohung verfasst hat, kurzzeitig von der Schule verwiesen. Er komme aber wieder zurück, sagt Rektor Schweizer. «Wir werden ihn sicher begleiten, auch mit der Schulsozialarbeit. Das ist unsere Aufgabe.»
Härter bestraft wurde ein anderer Täter im Baselbiet. Er muss nach seiner Amokdrohung die Schule definitiv verlassen.