Protestiert haben unter anderem Käseproduzenten und Schweizer Obstbäuerinnen. Der Nutri-Score sei zu stark vereinfacht, berücksichtige einige wichtige Kriterien nicht oder zu wenig. Das führe dazu, dass Naturprodukte zum Teil schlechter bewertet würden als hochverarbeitete Lebensmittel mit vielen Ersatz- und Zusatzstoffen. Begehrt ist der Buchstabe A auf grünem Hintergrund, das bedeutet «ausgewogen», unbegehrt das E auf tiefrot für «unausgewogen».
Das zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (BLV) hat das Problem erkannt. Dort leitet Liliane Bruggmann den Fachbereich Ernährung. Nutri-Score basiere auf einem Algorithmus. «Der Algorithmus ist nicht in Stein gemeisselt», sagt sie.
Algorithmus des Nutri-Scores korrigieren
Tatsächlich ist die Schweiz zusammen mit anderen europäischen Ländern daran, diesen Algorithmus zu korrigieren. Zum Beispiel würden bei den Süssgetränken neu auch künstliche Süssstoffe mitberechnet. Das hat für ein bekanntes Getränk Konsequenzen. «Nach den Berechnungen, die wir gemacht haben, wird ein Cola Zero von einem Score B zu einem Score C abgestuft.»
Im Gegenzug dürften die Schweizer Obstbauern Freude haben. Sie bemängelten, dass die Apfelschorle zu schlecht bewertet sei. Nach den aktuellsten Berechnungen werde der Score beim Apfelschorle von einem D auf ein C aufgewertet, so Bruggmann. Die beteiligten Gremien müssen diese Änderungen noch beschliessen.
Nutri-Score sei eine Orientierungshilfe und vergleiche die Qualität der Nährwerte innerhalb einer Gruppe von Lebensmitteln, erklärt Liliane Bruggmann. Man könne also nicht Joghurt mit Fertigpizza vergleichen, sondern verschiedene Joghurtmarken untereinander und die Pizzen untereinander.
Gesündere Ernährung durch Nutri-Score
Undine Lehmann ist Ernährungswissenschaftlerin an der Berner Fachhochschule. Sie hat an einem Bericht über Nutri-Score mitgearbeitet und glaubt, dass er hilfreich ist. «Es gibt Studien, die zeigen, dass der Nutri-Score helfen kann, dass Konsumentinnen und Konsumenten die Qualität eines Lebensmittels besser einschätzen und sich damit gesünder ernähren können.»
Der Nutri-Score könne nicht alle Kriterien berücksichtigen, wie Nachhaltigkeit oder Herkunft eines Produktes. Aber er führe Inhaltsstoffe auf, die zu Krankheiten führen könnten.
Die Klassifizierung führt manchmal dazu, dass ein natürlich hergestelltes Produkt eine schlechtere Bewertung erhalten kann als ein industriell fabriziertes. «Käse ist Käse, unabhängig davon, ob er jetzt ein Naturprodukt ist oder industriell hergestellt wird. Er ist einfach reich an Fett und reich an Salz», sagt Liliane Bruggmann.
Nutri-Score sei aber kein Verbot. Er sei eine Ergänzung zur Schweizer Ernährungspyramide, die aufzeigt, welche Lebensmittel gesünder sind als andere.
Der Ständerat jedoch ist skeptisch und fordert vom Bundesrat gesetzliche Rahmenbedingungen für den Nutri-Score. Als nächstes befasst sich der Nationalrat mit dem Thema.